Mit-Lechfeldschlacht-Wappen- und Raubritterruf
Die Adelsfamilie von Winning besaß Güter in der Neumark, im Sternberger und im Crossener Land
Vasallen der Askanier – Beamte und Soldaten der Hohenzollem – Lebenszentrum an der Eilang
R. Pankow
Frau Rosemarie Pankow, geb. Borchardt, beheimatet in Wallwitz bei Sternberg, recherchierte die Geschichte der in Brandenburg ansässig gewordenen Zweige der Adelsfamilie von Winning. Sie wertete vor allem das 1906 in Görlitz erschienene Buch „Geschichte des Geschlechts derer von Winning“ aus, das Generalleutnant Leopold von Winning verfasste.
Zum Wappen der Familie von Winning gibt es eine hübsche Sage. Sie er-zählt, dass 995 in der Schlacht auf dem Lechfeld in den Reihen der Ungarn ein junger Ritter kämpfte. Er wurde schwer verwundet und von einer jungen Schnitterin inmitten vieler Toter gefunden, nachdem Kaiser Otto 1. die Ungarn in die Flucht geschlagen hatte. Sie verband ihn und brachte ihn mit Hilfe von Verwandten in die väterliche Hütte. Der Ritter genas unter ihrer Pflege und verliebte sich in die junge Frau. Sie heirateten und zogen in die Gegend von Aschersleben. Da der Ritter außer sei-nem guten Schwert keinen Besitz hatte, nannte er sich Herr von Wenig. Seine Nachkommen hießen dann die Wenigen oder Winningen. Im Gedenken an die Lebensretterin ihres Ahnen führten sie als Wappen drei Sicheln im Schilde und das Bildnis der Schnitterin auf dem Helm.
Geschichtlich belegt ist freilich lediglich, dass das Geschlecht aus der Grafschaft Aschersleben im Anhaltischen stammt, und zwar aus der Ortschaft Winningen. Es wurde 1155 erstmals urkundlich erwähnt. In der gleichen Gegend war das brandenburgische Markgrafengeschlecht der Askanier beheimatet . Ihm folgten um 1254 Otto und Conrad von Winning nach Aufgabe ihrer mitteldeutschen Lehen. In dieser Zeit begannen die Markgrafen Johann und Konrad mit dem Erwerb des Landes jenseits der Oder, das 1266 zum ersten Male als Neue Mark erwähnt wurde. Dort erhielten die von Winning bald Besitz in Glasow bei Soldin. Im letzten Viertel des 13. Jahrhunderts befanden sie sich im Gefolge der Markgrafen. Bei der Gründung der Stadt Berlinchen unterschrieb am 25. Januar 1278 als einer der Zeugen der Ritter Otto von Winning.
Die erste Kunde über einen Grunderwerb der Winninge im Lande Sternberg datiert im Jahre 1412, also in der Zeit, da die Herrschaft in der Mark Brandenburg von den Luxemburgern (König Siegmund) auf die Hohenzollern (Markgraf Friedrich I.) überging. Heinrich von Winning kaufte oder verkaufte das Gut Schmagorei östlich Drossen. Schon vor 1458 saß ein Hans von Winning in Görbitsch, der malerisch zwischen Seen und bewaldeten Hügeln gelegenen Ortschaft ostsüdostwärts von Reppen. Hans war der Bruder, der ein paar Kilometer weiter östlich in Sternberg begüterten Nitsche und Cuntz von Winning. Die Fest-punkte der Geschichte der Familie sind danach Belehnungen sowie Verkäufe und Käufe von Grundbesitz. Dabei wer-den die wirtschaftlichen Schwierigkeiten der Grundbesitzer deutlich.
Im 14. und 15. Jahrhundert muss der Sagenkreis seine Wurzeln haben, der u. a. erzählt: Auf ihrer Burg an der Eilang nördlich von Sternberg, dem „Alten Haus”, hausten die Herren von Winning. Mit einer großen Räuberbande plünderten und mordeten sie weit und breit, schonten aber die nächste Umgebung. Oft überfielen sie reisende Handelsleute. Die Waren schafften sie auf ihr Schloss, die Menschen aber erschlugen sie. Einmal griffen sie eine Müllersfrau auf und ließen sie ihren Haushalt führen. Diese entdeckte in einem Keller drei große Braupfannen mit Gold, Silber und Edelsteinen, die drei dicke schwarze Schlangen mit Hundeköpfen bewachten. Nach einem Jahr gelang es der Frau, aus der Burg zu fliehen. Sie eilte zum Kurfürsten nach Berlin und berichtete ihm ihre Erlebnisse. Der Kurfüst verbündete sich daraufhin mit dem Markgrafen der Niederlausitz und den Herzögen von Schlesien und Polen. Gemeinsam rückten die Fürsten mit einem großen Heer vor die Burg. Nach langem Widerstand wurde diese vollständig zerstört. Die Herren von Winning kamen als gemeine Räuber an den Galgen. Andere Mitglieder der Familie lebten da-nach als ehrbare Bürger in dem Städtchen Sternberg. Die drei Braupfannen wurden nie gefunden.
Zurück zu dem, was die geschriebenen Geschichtsquellen belegen: Die ersten märkischen Hohenzollern waren bemüht, das Raubrittertum zu beseitigen. Dabei ließen sie gelegentlich auch Gnade vor Recht ergehen. Sie brauchten ja den Adel. 1472 belehnte Kurfürst Albrecht Achilles die drei schon genannten Winninge, Hans, Nitsche und Cuntz, mit Sternberg, Wallwitz, Pinnow, Görbitsch und 21 Hufen von Ziebingen. Sternberg blieb von 1468 bis 1750 im Besitz der Familie. Ihr Hauptsitz war der Wasserhof, das spätere Fürstlich Hohenzollernsche Forstamt. Besonders erfolgreich wirtschaftete das Geschlecht in der Zeit vor dem 30-jährigen Krieg. Damals entstanden wohl südlich von Sternberg die Vorwerke mit den eigenartigen Namen Neidenburg, Hanfsuppe, Brot-not, Wassernot und Bierfäßchen.
Im Sternberger Land kamen die von Winning, abgesehen von Schmagorei, Görbitsch und den Lehen von 1472, auch in anderen Orten zu Grundbesitz. So (urkundliche Erwähnungen jeweils in Klammern) in Döbbernitz und Kemnath (15. Jahrhundert) sowie in Buchholz (1461), Hildesheim (1492), Grabow (1598), Radach (1625), Schönwalde, Grochow und Reichenwalde (1739/49). Darüber hinaus heirateten die Töchter benachbarte Gutsbesitzer. Der Schwerpunkt des Familienlebens lag im „Blauen Ländchen” beiderseits der Eilang zwischen Sternberg und Reppen, einige Besitztümer gab es jedoch auch in der Drossener Gegend.
Den Kreis Crossen „bevölkerten” die von Winning ebenfalls vorübergehend. 1594 bzw. 1601 erhielten sie Drehnow (nahe Ziebingen) als Lehen. Friedrich Ehrentreich von Winning erwarb 1748 das Gut Kunow bei Bobersberg. Er verkaufte es aber 1771 wieder. Weißig am Bober, ganz im Süden des Crossener Landes, war im 18. Jahrhundert zweimal Eigentum eines von Winning. Ferner hatten Familienvertreter in Daube (südlich Bobersberg) und in Fritschendorf (dicht bei der Oderkreisstadt) Wirkungsperioden.
In ferner gelegenen Gegenden gab es gleichfalls zeitweilig Winning-Güter, zum Beispiel in Guhden bei Mohrin (Neumark), Eschenwalde im Kreis Meseritz, Kalke bei Triebel im Kreis Sorau und Klein-Kreutsch in der Provinz Posen.
Als Kirchenpatrone warteten die Winninge mit kulturellen Taten auf. Allerdings ist nur wenig davon bis ins 20. Jahrhundert erhalten geblieben. In Groß-Gandern erinnerte an sie bis 1945 ihr Wappen mit dem drei Sicheln an der Taufe und an einem für das Geistlichen-Ornat bestimmten Schrank. In Buchholz, das zum Kirchspiel Polenzig gehörte, ließ die Familie um 1652 eine Holzkirche erbauen. Darunter befand sich ein Gewölbe, vermutlich die Grabstätte der Gutsherrschaft. Das Gotteshaus aus der Zeit nach dem 30-jährigen Krieg wurde 1884 durch einen neugotischen Ziegel-bau ersetzt. Nur die Wetterfahne mit der Jahreszahl 1699 auf dem Holzturm und eine auf dem Boden der Schule aufbewahrte Taufe von 1695 erinnerten dann noch an das Adelsgeschlecht, das 1786 wegen wirtschaftlicher Schwierigkeiten das Gut Buchholz verkaufte.
Das Anwachsen der Familie, die da-durch bedingten Teilungen des Grundbesitzes und die schlechte Lage der Landwirtschaft vor allem in und nach den Kriegen veranlaßten zahlreiche männliche Glieder der Familie, in den Hof- und Staatsdienst, später in den Heeresdienst zu treten. Ordenshaupt-mann Bastian von Winning starb 1568 in Küstrin unter der Folter. Markgraf Johann verdächtigte ihn, dem Herrenmei-ster Franz Neumann, der 1526/28 in Crossen (Oder) Bürgermeister gewesen war, zur Flucht nach Prag verholfen zu haben. Sein Sohn Claus wurde trotzdem Küstriner Schlosshauptmann und nahm 1571 an der Beerdigung des Markgrafen als Sargträger teil. Hans Friedrich von Winning, Besitzer von Reichenwalde, wurde 1749 zum Landrat des Sternbergischen Kreises und 1776 zum Landesdirektor der Neumark ernannt. Dieser Gefolgsmann Friedrichs des Großen starb 1785. Zahlreiche Familienmitglieder dienten als Offiziere im königlich preußischen, nach 1871 im deutschen Heer. Im 18. und 19. Jahrhundert fan-den acht davon den Soldatentod, fünf stiegen zu Generälen auf. Nach dem Zweiten Weltkrieg nahm der Bundeswehroberst a. D. Franz-Konrad von Winning die Forschungen seines Großvaters Leopold, der 1906 eine Familiengeschichte herausgab, wieder auf und vervollständigte sie. Es gibt auch heute noch eine Reihe von Angehörigen und Nachkommen des Geschlechts.