Der Dichter Franz von Gaudy (1800-1840) in Schönborn.
D. Fouquet-Plümacher
Franz von Gaudy wurde am 19. April 1800 in Frankfurt (Oder) geboren. Der Tradition des märkischen Adels folgend, ging er 1818 zur Armee und diente bis 1833 als Seconde-Leutnant in den Garnisonen in Schlesien und im Großherzogtum Posen. Erst 1833 konnte er den inzwischen ungeliebten Militärdienst verlassen und ließ sich 1834 in Berlin nieder. Er schrieb viele schöne Erzählungen und Novellen, heute ist er als Dichter weitgehend vergessen.
Auf Gut Schönborn bei Züllichau war Gaudy häufig zu Gast. Hier war seine fünf Jahre jüngere Schwester Konstanze mit dem Rittmeister a. D. Karl von Kalkreuth (1789–1841) verheiratet. Konstanze war 1805 in Soldin geboren und starb 1876 in Sternberg, sie war eine hochgebildete Frau. Zu ihr hielt Gaudy immer engen Kontakt, Gut Schönborn war ein fester Anzie-
hungspunkt für den Bruder. In seinen Armee-Jahren besuchte Gaudy sie häufig zur Erholung, er schrieb dort viele seiner Werke, sie half ihm in vielen Schwierigkeiten, z. B. bei seinen ständigen Geldnöten und Schulden – ein Leutnant erhielt nur ein minimales Gehalt, das nie reichen konnte. Schönborn war der Ruhepunkt, den er in seinen Armeezeiten und auch danach aufsuchte. Er spottete im Scherz natürlich darüber, daß man dort auf dem Gut über die Rinder- und Kornpreise sprechen und „ächt vaterländischen Knaster“ rauchen musste, aber Schönborn war ein fester Platz in seinem Leben.
Im Gutshaus wohnte er oben im zweiten Stock, wo er ein Arbeitszimmer eingerichtet hatte. Im Oktober 1834, während er an den Kaiserliedern (ein Gedichtzyklus über Napoleon) arbeitete, schrieb er aus Schönborn an Adelbert von Chamisso: „Und wenn ich dann abends zu den Meinigen hinabsteige (sowohl vom Parnaß, als aus dem zweiten Stockwerk) so flammt mir ein lustig prasselndes Kaminfeuer entgegen, die Theekanne summt mir ihr Willkommen, und ich lese dann ein oder ein paar Lieder unsers wackern Meisters Frauenlob meiner Ihnen für Alles so Schöne herzlichst dankenden Schwester vor; ja sogar mein kleiner Neveu, der kein ‚unbändig-bengelhafter‘ Schreihals ist, und deshalb vor meinen Augen Gnade findet, lauscht mit Andacht. Dies ist mein Stilleben, mein heimliches, erquickliches.“ Mit Adelbert von Chamisso (Schloss Boncourt, Frankreich 1781–1838 Berlin) war Gaudy eng befreundet, Chamisso hatte ihn zur Mitarbeit am „Deutschen Musenalmanach“ eingeladen. Die Schwester schickte Trauben für Chamisso von ihrem Gut nach Berlin, Muskateller-Trauben, die dem damals kranken Chamisso helfen sollten. Gaudy hatte Sorgen, ob die Trauben die damals lange Fahrt von Schönborn über Züllichau und Frankfurt (Oder) nach Berlin auch gut überstanden hätten und nicht schon vergoren wären.
Überhaupt sorgte die Schwester mit Sendungen von gutem Essen für ihren Bruder. Im Dezember 1837 schickte sie Bigosch und eine Gans mit genauen Anweisungen, wie das zubereitet werden müsste. „Der Bigóź verlangt recht durchkocht zu werden, er muß eine bräunliche Farbe bekommen.“, schreibt Gaudy nach den Anweisungen der Schwester an seinem Freund Eduard Schulz, mit dem er sich für Gans und Bigosch verabredet hatte, dessen Frau das Menue herstellen sollte. Eduard Schulz nannte sich als Schriftsteller Eduard Ferrand, er war Neumärker wie Gaudy, 1813 in Landsberg a. Warthe geboren, beide hatten sich 1834 in Berlin kennengelernt und befreundet.
Der letzte Aufenthalt Gaudys bei seiner Schwester in Schönborn war zur Jahreswende 1839–1840. Gaudy starb plötzlich mit erst 39 Jahren am 5. Februar 1840 an einem Schlaganfall. Das Gut Schönborn wurde später verkauft, das Herrenhaus wurde am Kriegsende 1945 von russischen Soldaten niedergebrannt. Heute sind vorne noch Teile der Gartenpforte und hinten unten noch Restmauerwerk zu erkennen.