Mein Heimatort Schönow
Mein Heimatort Schönow
Schönow liegt im Süden des Sternberger Landes, in einem nach Osten abfallenden Tale. Es grenzt im Osten an Seeren, Burschen und Starpel, im Süden an Selchow, im Westen an Lagow, Neu-Lagow und den Staatsforst, dem sogenannten Buchwald, und im Norden an Langenpfuhl. Im Süden liegen die Bagen-Berge, im Westen die Zoten-Berge, die Roten Grundberge, die Buchenwald-Höhen und die Brümmels-berge. Dort ist der höchste Punkt 218 Meter über dem Meeresspiegel. Von hier aus sind nach Nordosten bei klarem Wetter die Städte Landsberg (Warthe), Schwerin und Meseritz zu sehen. Von der Höhe 218 kann man bei klarem Wetter im Südosten Schwiebus, Züllichau und Grünberg (Schlesien) mit einem guten Fernglas erkennen. In näherer Umgebung liegen im Osten die Dörfer Seeren, Hochwalde, Burschen, Starpel, Kalau, Neuhöfchen, Jordan, Paradies, im Süden Liebenau, Selchow, Wutschdorf, im Südwesten Neu-Lagow, Lagow, Petersdorf und Malkendorf. Im Westen liegt der Buchenwald und dahinter der Truppenübungsplatz Wandern, im Norden Langenpfuhl und Tempel.
Wie mir bekannt, ist Schönow ein uraltes Dorf und ungefähr 1-2 Kilometer lang. Während der Zeit des Johanniterordens gehörte Schönow zur Komturei Lagow; vom Orden ist wohl auch die Kirche gebaut, der Turm im Jahr 1556. Die Jahreszahl ist in seinem Hauptstiel eingehauen. Der Turm ist vollständig aus Holz mit Bretterverschalung und Schindeldach erbaut, ob mit der Kirche zur gleichen Zeit, ist mir nicht bekannt. Die Kirche war bis 1902 Lehmfachwerk und wurde 1903 massiv gebaut. An Stelle der alten Bronzeglocken, die im Ersten Weltkriege abgegeben werden mussten, wurden im Jahre 1921 zwei neue Stahlglocken angeschafft. Die kirchliche Betreuung geschah durch das Pfarramt Schönow. Pfarrer war bis 1940 Hans-Otto Dibelius, dann wurde er eingezogen. Zur Vertretung kam Fräulein Liese-Lotte Berli, die bis zur Vertreibung in Schönow blieb. Bis dahin war auf dem Rittergut mit den Vorwerken Wilhelmsfelde , Eichvorwerk und Ziegelei die Familie von Bockelberg. 1941 ging das Rittergut durch Erbschaft an die Familie von Rosenberg-Lepinski über.
In Schönow waren ansässig und wohnhaft die Bauern Albert Schmidt, Kurt Hoffmann, Willi Grünberg I, Max Unger, Paul Hinze, Gerhard Kunzmann, Otto Sperling, Karl Albrecht, Artur Päseler und Paul Rettig; die Halbbauern Ewald Gebauer, Otto Mattner, Alfred Sawade, Willy Grunert und Emil Krause; die Kossäten Willi Grünberg II, Kurt Marggraf, Otto Hemmerling, Fritz Wolff, Karl Hemmerling, Erich Molheit, Gustav Günther, Fritz Hemmerling, Hermann Vogel, Paul Vogel; die Häusler Reinhold Bläschke, Ferdinand Schipplack, Eduard Lerch, Ferdinand Lerdi, Otto Klaus, Ernst Päseler, Karl Brade, Willi Burandt, Margarethe Siedler; die Hausbesitzer Fritz Minke, Theodor Abraham, Oskar Binder, Franz Gutsche, Erwin Lehmann, Adolf Nitschke, Fritz Bläschke, Anna Unger, August Banse, Klara Sperling, Melitta Krocke, Wilhelm Zillmann, Paul Hemmerling, Richard Schulz, Hermann Kaiser, Fritz Pfeiffer, Karl Platz, Wilmar Heinicke, Hermann Grunert, Ewald Sperling, Fritz Hoffmann, Wilhelm Neumann, Wilhelm Mattner, Auguste Grünberg, Hedwig Knospe, Artur Wolff, Rechenberg, Willi Kunze. Gewerbebetriebe: Bäckerei Sommer-Henninger, Gastwirt und Schlachterei Kurt Hermann, Stellmacherei und Autovermietung Paul Flöter, Stellmacherei Wilhelm Gummelt, Bäckerei und Kolonialwarenhandlung Theodor Schneider, Elektromühle und Landwirtschaft Theodor Schulz, Schmiedemeister Georg Werts, Tischlerei Alwine Grunert, Installateur Otto Jawoski, Schlachterei und Landwirtschaft Kurt Spiegel, Gastwirtschaft Alex Potschin, Kolonial- und Schnittwarengeschäft Fritz Hermann, Postdienststelle Paul Dräger, an Industriebetrieben die Anhaltische Braunkohlengrube Abteilung Schönow und die Ringofenziegelei des Rittergutes Schönow.
Mein Heimatdorf Schönow gehörte zum Amtsbezirk Selchow. Der letzte Amtsvorsteher war Hubert Röstel.
Mit dem Einmarsch der Russen, am 2. Februar 1945, begann für die Bewohner von Schönow ein furchtbares Elend.
Kein Einwohner hatte bis dahin das Dorf verlassen. Zwei Männer wurden beim Einmarsch erschossen und elf Personen suchten den Freitod. In dem im Bauernhause von Albert Schmidt eingerichteten Sanitätsraum wurden sämtliche verwundeten Soldaten und Ärzte erschossen und erschlagen. Außerdem wurden in der Nähe der Anhaltischen Kohlenwerke 35 unbekannte Volkssturmmänner erschossen. Innerhalb weniger Wochen waren sehr viele Männer, Frauen und Mädchen nach Rußland verschleppt. Folgende Personen starben in Russland:
Willi Grünberg I, Paul Rettig, Oberinspektor Albert Brückner und Sohn Konrad, Lehrer Krüger, Paul Flöter, Albert Jawoski, Karl Platz, Wilmar Heinicke, Wilhelm Neumann, Fritz Hoffmann und Frau, Paul Fechner, Otto Menze, Fritz Pfeiffer, Max Schmidt, Elisabeth Wolff, Irene Vogel, Erika Wolff, Paul Hemmerling und Rudi Hemmerling. Nach Rückkehr aus der Gefangenschaft starben: Fritz Gutsche, Karl Klobe und Frieda Zimmann.
Die Vorfahren der Familie Rettig, Lempke-Schmidt, Päseler, Grünberg, Kunzmann, Gebauer, Grunert, Sperling, Mattner sind auf Grund der Kirchenbücher seit mehr als 200 Jahren in Schönow ansässig. Die Mehrzahl der Familien hatten seit Generationen ihren Wohnsitz in Schönow. Aus dem blühenden Ort war in wenigen Tagen ein verwahrlostes Dorf geworden. Gleich in der ersten Zeit nach der Einnahme durch die Russen brannten folgende Gebäude ab: das Schloss, die Gastwirtschaft von Potschin, die Schule, die Wohnhäuser von Gutsche, Wilhelm Mattner, die Villa der Anhaltischen Kohlenwerke, die Ställe und Scheunen von Kurt Hoffmann, Kurt Marggraf, Otto Mattner, das Wohnhaus und die Tischlerei von Witwe Grunert. Anfang Mai wurde es ruhiger. Wir haben noch versucht, Hafer und Kartoffeln anzubauen, denn der Russe hatte erklärt, wir sollten das selbst anbauen, da er uns weiterhin nichts zu essen geben wollte. Leider ging die klägliche Bestellung sehr langsam voran, weil wir immer wegen Anspannung zum Russen gehen mussten. Die Pferde und das Vieh waren uns schon im Februar und März vom Russen weggenommen worden.
Am 25. Juni 1945, es war an einem Montag, schlug wie ein Blitz der Ausweisungsbefehl bei uns ein. Am Dienstag, dem 26. Juni, um 14 Uhr, mussten wir die Heimat verlassen, mit Ausnahme der Familien des Brennermeisters Müller, Brennereiheizers Otto Marggraf, Mühlenmeisters Theodor Schulz, Treckerführers Fritz Amelung, Bäckers Viktor Kunze, doch mussten diese Ende Oktober ebenfalls den Ort verlassen. In der Zeit vom 26. Juni bis 30. Juni 1945 musste jeder, meist bei strömendem Regen, diesseits der Oder sein.
Sollte in meinen Aufzeichnungen ein Irrtum vorliegen, dann bitte ich, es mir nicht übelzunehmen, da ich alles nur aus dem Gedächtnis niedergeschrieben habe.
Mit heimatlichen Grüßen an alle Landsleute
Bauer Willy Gruner