Aus der Geschichte des Dorfes Herzogswalde 1972
Aus der Geschichte des Dorfes Herzogswalde 1972
Fünf Kilometer nördlich der Kreisstadt Zielenzig im Kreise Ost-Sternberg liegt das Dorf Herzogswalde. Die zur Chaussee ausgebaute Landstraße Zielenzig–Meekow–Arensdorf führt in etwa 500 m Entfernung an der Westseite des Dorfes vorbei. Die Dorfstraße hat keinen Durchgangsverkehr zu anderen Nachbardörfern, sodass im Allgemeinen eine beschauliche Ruhe in dem Dorf herrschte. Auf einer Anhöhe am Eingang des Dorfes steht inmitten eines alten Friedhofes, der von einer nicht zu hohen Feldsteinmauer eingefasst ist, die Kirche des Dorfes. Hinter dem Friedhof versteckt liegt das Pfarrgehöft mit den Wirtschaftsgebäuden. Der anschließende Dorfanger ist mit einer dreifachen Kastanienallee und mit einer Maulbeerplantage und anderen Laubbäumen besetzt und wird an beiden Seiten von der Dorfstraße eingefasst. Einige Dorfteiche inmitten des Dorfangers beleben das Dorfbild. Die Gehöfte sind im Allgemeinen großräumig angelegt, die massiven Wohnhäuser stehen größtenteils breitseitig zur Dorfstraße, einige Giebelhäuser in Fachwerkbau sind noch vorhanden. Die Gebäude dürften größtenteils im Laufe des 19. Jahrhunderts erbaut worden sein.
Etwa in der Mitte des Dorfes liegt der Gutshof des Rittergutes. Am Eingang von der Dorfstraße zum Gutshof stehen zwei einander gleiche Wirtschaftsgebäude und die Brennerei des Gutes. Daran anschließend folgt ein sehr geräumiger Wirtschaftshof mit den verschiedensten Wirtschaftsgebäuden, der durch das breitseitig zum Wirtschaftshof stehende Herrenhaus abgeschlossen wird. Letzteres nach 1698 erbaut, ist ein stattlicher zweigeschossiger Putzbau, dessen Innenräume durch wertvolle Stuckrahmendecken und mit Ranken- und Blumenschnitzereien ausgestattet worden sind. An der Rückseite des Herrenhauses schließt sich ein großer mit alten Eichen und einem kleinen See besetzter Park an. In diesem befinden sich auf einem geschlossenen Friedhof die Ruhestätten verstorbener Besitzer des Rittergutes.
Die älteste Erwähnung des Dorfes erfolgte in einem Schoßregister des Jahres 1461. Das Dorf war im Besitz derer von Waldow auf Königswalde, die als älteste begüterte Familie seit 1352 im Lande Sternberg ansässig war. In den von Waldowschen Lehnsbriefen von 1477, 1515 und 1565 wird Herzogswalde als ererbter Besitz der von Waldows aufgeführt. Auch in dem von Waldowschen Teilungsrezess von 1538 wird das Dorf erwähnt.
Im Jahre 1685 verpfändete Hans Sigismund von Waldow aus der Gleißener Linie das Dorf Herzogswalde auf 30 Jahre an die Witwe des Lagower Amtmanns Lukanus, doch wurde es bereits 1698 durch Balthasar Friedrich von Waldow wieder eingelöst. Dieser Balthasar Friedrich von Waldow war der Erbauer des jetzt noch vorhandenen Herrenhauses und der ebenfalls noch vorhandenen Kirche. Die alte Kirche war verfallen und wurde im Jahre 1700 abgerissen. Als Baujahr der neuen Kirche kann nach einer früher vorhandenen Wetterfahne mit der Inschrift: „BF v W 1700″ und „ÖL v S 1723″ das Jahr 1700 angenommen werden. Der Kirchenneubau wurde durch Maurermeister Grabow aus Zielenzig und Zim-mermeister Werner aus Sonnenburg ausgeführt.
Balthasar Friedrich von Waldow starb im Jahre 1714. Aus einer in der Kirche angebrachten Steintafel mit ovalem Inschriftfeld und zwei Wappen geht hervor, dass Balthasar Friedrich von Waldow und seine Ehefrau Hedwig Sophia von Crokow in der von ihm erbauten Kirche unter zwei inschriftlosen Grabplatten neben dem Altar bestattet worden sind. Die lateinische Inschrift der Steintafel lautet in deutscher Übersetzung:
„Frieden, der zu Lebzeiten nicht gewährt werden konnte, möge endlich geben Gott der Allmächtige mit dem ganzen Glück der Seligkeit auf ewig dem Balthas. Frieder. de Waldow und der Hedew. Sophiae de Crokow, indem sie nach gleichem sehnlichem Wunsche der Gatten hier und dort am Altar unter den beiden Steinplatten beigesetzt werden, sie, die als Erneuerer der Kirche und als Wohltäter der Armen sich diese Denkmäler der Sterblichkeit gesetzt haben, im Jahre Christi 1714.“
Im Jahre 1724 wird Freiherr von Schmettow als Besitzer von Herzogswalde angegeben. Ihm folgten um 1731 Ritter-schaftsrat von Schöning bzw. dessen Erben. Während der von Schöningschen Besitzzeit waren in Herzogswalde 13 Bauern und zehn Kossäten ansässig, außerdem ein Müller, ein Küster, ein Schmiied und zwei Hausleute. 1785: zwölf Bauern, acht Kossäten, fünf Einleger, ein Hirte. Die Änderung in der Anzahl der Bauern- und Kossätenstellen trat dadurch ein, dass einzelne Höfe von ihren Besitzern aus wirtschaftlichen Gründen verlassen wurden oder dass die Inhaber dieser Stellen, ohne Erben zu hinterlassen, verstarben oder die etwa vorhandenen Erben die Annahme der Stellen ablehnten. In solchen Fällen fielen die Hofstellen mit ihren Ländereien der Gutsherrschaft wieder zu und konnten neu vergeben werden. Der älteste bekannt gewordene Gutsüberlassungsvertrag wurde am 25. Juni 1763 zwischen den von Schöningschen Erben und dem gewesenen Artillerieknecht Christian Klemke abgeschlossen. Letzterer übernahm das wüstgelegene Bauerngut des Christian Karg zu Herzogswalde mit allen dazugehörigen Gebäuden, Gärten, Äckern, Wiesen und allen Partinentien für 35 Taler 10 Groschen Kaufgeld. Es dürfte sich hierbei um das Bauergut Nr. 26 handeln, das bis zur Vertreibung im Jahre 1945 im Besitze der Familie Klemke blieb.
Als weiterer Besitzer des Dorfes Herzogswalde wird um 1804 die Reichsgrätin von Schmettau, geb. von Bohr, genannt. Während ihrer Besitzzeit fand in Herzogswalde die erste Gemeinheitsteilung des sog. Vorderfeldes des Dorfes zwischen der Gutsherrschaft, der Pfarre und Kirche und den zwölf Bauern statt, die zur Regelung der Dienstverhältnisse der Bauern gegenüber der Gutsherrschaft, der Aufhebung der gegenseitig ausgeübten Hütungsrechte und zur Neueinteilung der Feldmark führen sollte. Ein bestätigter Rezess ist über diese Separation nicht vorhanden, da dieser von Seiten der Gutsherrschaft als zum Nachteil derselben angefochten und aus diesem Grunde höheren Orts nicht bestätigt worden ist.
Die Hinteräcker der Feldmark, worin sich die Grundstücke der acht Kossäten als zerstreute Flecken befanden, kamen im Jahre 1804 nicht zur Separation. Der Antrag hierzu wurde erst im Jahre 1817 von der Gutsherrschaft und den Kossäten in Herzogswalde gestellt, nachdem das Rittergut von der verwitweten Reichsgräfin von Schmettau am 21. Februar 1817 für 33 500 Taler an den Oberamtmann Paul Lebrecht Lees verkauft worden war.
Ein endgültiger Abschluss zur Regulierung der genannten gutsherrlichen und bäuerlichen Verhältnisse in Herzogswalde kam erst im Jahre 1838 zustande. Als Interessenten traten damals neben der Gutsherrschaft die zwölf Bauern, acht Kossäten und weitere fünf Landbesitzer auf. Der abgeschlossene und von allen Seiten anerkannte Rezess wurde am 28. Mai 1839 bestätigt.
Im Laufe des 19. Jahrhunderts kamen zur Ablösung noch bestehender Gerechtsame folgende Rezesse zum Abschluss:
a) ein Rezess über die Gemeinheitsteilung der Bauernteld-mark zu Herzogswalde, bestätigt am 24. Juni 1851,
b) ein Rezess über die Gemeinheitsteilung der Feldmark der Kossäten zu Herzogswalde, bestätigt am 18. November 1860.
Damit waren die grundsätzlichen Besitzverhältnisse des Rittergutes, der Bauern und Kossäten geordnet und blieben – abgesehen von den üblichen Eigentumsänderungen durch Kauf oder Erbgang – bis zur Zwangsaustreibung im Jahre 1945 unverändert bestehen.
Als weitere Besitzer des Ritterguts Herzogswalde werden im Laufe des 19. und 20. Jahrhunderts genannt:
um 1838 Karl von Burgsdorff, um 1847 Major von Rosenstiel,
um 1890 Frau Metta von Bonin geb. Reichsgräfin von Finckenstein.
von 1925 bis 1945 Waldemar von Böttinger als letzter Besitzer der Rittergüter Arensdorf und Herzogswalde.
Mit dem 31. Januar 1945 hörte Herzogswalde auf, ein deutsches Dorf zu sein. Seine damaligen Einwohner mussten den Weg der Vertreibung antreten. Zu dieser Zeit waren in Herzogswalde ansässig:
die Bauern Erhard Wolff, Wilhelm Rex, Karl Niele, Arthur Ritter, Emil Ende, Gustav Päch, Ernst Klemke, Karl Mechelke (der auch letzter Bürgermeister in Herzogswalde war), die Bäuerinnen Martha Band und Martha Wittke, die Halbbauern Otto Bley und Kassner, der Landwirt Walter Munkow, die Kossäten Hertha Bley, Gustav Bolle, Otto Herfurth, Franz Behrend, Richard Richtsteig, die Büdner Paul Rex, Paul Behrend. Oskar Müller, Karl Herfurth, Arthur Skopp, Gustav Rex, Emil Gorondzillike, der Gastwirt Karl Munkow, der Schmiedemeister Richard Lorenz. Der letzte Geistliche der evangelischen Gemeinde Herzogswalde war Pastor Barleben, letzter Lehrer Schulze.
Wie sieht es heute in Herzogswalde aus und woher kamen die neuen Bewohner des Dorfes? Diese Frage kann nach Augenzeugenberichten in dem Sinne beantwortet werden, dass sich an der äußeren Gestaltung des Dorfes nichts Wesentliches verändert hat. Zerstörungen durch Kriegseinwirkungen sind nur in geringem Umfange eingetreten. Die Erhaltung der Baulichkeiten ist trotz der geringen zur Verfügung stehenden Baumaterialien als zufriedenstellend zu bezeichnen. Die Einwohnerzahl des Dorfes wird sich gegenüber der früheren Bevölkerung vergrößert haben, da einzelne Bauerngehöfte des Dorfes jetzt mit mehreren Familien besetzt worden sind und Besitzungen, die früher zu Zielenzig gehörten, jetzt dem Dorfe Herzogswalde zugeteilt worden sind.
Die Herkunft der jetzigen Bewohner des Dorfes Herzogswalde konnte nicht ermittelt werden; sie werden größtenteils aus den von Polen an die Sowjetunion abgetretenen Gebieten stammen. Viele von ihnen werden inzwischen fünfundzwanzig Jahre im Dorfe anwesend sein und werden das Dorf Herzogswalde als ihre jetzige Heimat ansehen.