Frau Lotte von Böttinger-Arensdorf
Geringfügig veränderter Beitrag von Georg Krause, Heimatkreisbetreuer,
in „Heimatblatt“ (Ohmsche Briefe), 14. Jg. H. 12, S. 3 (1965)
Frau Lotte von Böttinger-Arensdorf wurde am 23. November 1890 geboren, wäre also am 23. November 2015 125 Jahre alt geworden.
1911 heiratete sie Herrn Waldemar von Böttinger-Arensdorf und übernahm dann 1920, nach dem Tode ihres Schwiegervaters, des Geheimrates von Böttinger, zusammen mit ihrem Herrn Gemahl das Rittergut Arensdorf; dadurch wurde sie Landsmännin des Kreises Ost-Sternberg. Hier lebte sie sich bei ihrer Herzensgüte sehr schnell ein, erwarb sich viele Freunde und Bekannte und betätigte sich sehr rege im christlichen Sozialwerk der Evangelischen Frauenhilfe. Von Frau Lindenberg übernahm Frau von Böttinger im Jahre 1925 den Vorsitz im Kreisverband der Evangelischen Frauenhilfe des Kreises Ost-Sternberg. Als Kreisvorsitzende nahm sie bei ihrer Beweglichkeit an allen Veranstaltungen – den bezirklichen und den überörtlichen – teil. Ferner leitete sie bis zum Einfall der Russen im Jahre 1945 die evangelischen Frauenhilfs-Ortsgruppen in Arensdorf und Meekow. Durch die vielseitige Tätigkeit im Kreisgebiet und ihre Aufgeschlossenheit – auch als Jägerin – wurde sie so bekannt und verehrt, dass man sie volkstümlich als die Kreismutter ansprach, und diese Bezeichnung konnte man auch auf jedem Heimatkreistreffen, auf dem sie immer von Landsleuten umringt war, hören.
Bei ihrer vielen Freude, die sie bestimmt erlebte, blieb aber bei den unglücklichen Zeitverhältnissen das Leid nicht aus.
1940 fiel der jüngste Sohn Botho und 1944 der älteste Sohn Heinz-Hermann im Kriege. Die männlichen Nachkommen der Familie fielen also aus.
Nach Einbruch der Russen in unserem Kreise, im Januar 1945, musste Frau von Böttinger mit ihrem Mann in das Warthebruch fliehen. Dort hielt sie an den Sonntagen in den Gemeinden Gottesdienste ab und leistete Kranken und Sterbenden im evangelischen Glauben allseits Hilfe. Darüber hinaus musste sie bei den Russen als Landarbeiterin tätig sein.
Ihr Mann wurde im März 1945 von den Russen in Mannheim — Malta im Warthebruch — abgeholt und ebenfalls im russischen Arbeitsdienst eingesetzt; bei dem Kräfteverschleiß und dem vielen Gram und Kummer sowie der Not verstarb er sodann in Kriescht-Ausbau.
Im April 1945 kehrte Frau von Böttinger allein zu Fuß nach Arensdorf zurück, wo sie unter dem polnischen Bürgermeister in einer Kolonne als Landarbeiterin arbeiten musste. Dreimal ist sie dann gefangengenommen und zum Abtransport in den Osten bestimmt worden und dreimal wurde sie wieder entlassen.
Im Mai 1945 erfolgte wiederum der Abmarsch mit zwei alten Frauen von Arensdorf. In drei Monaten wurden 826 km zu Fuß zurückgelegt mit Arbeits- und Krankenhausaufenthalt in Berlin.
Im August kam Frau von Böttinger in Wuppertal an. 1950 erfolgte ihr Eintritt in die Landsmannschaft Berlin-Mark Brandenburg.
1951 wurde Frau von Böttinger Vorstandsmitglied im Landesverband Nordrhein-Westfalen und in der Ortsgruppe Wuppertal unserer Landsmannschaft, und zwar bis 1961. Anschließend wurde sie Ehrenmitglied. Der Kreiskommission des Heimatkreises Ost-Sternberg gehörte sie ebenfalls seit 1961 an. Es verging kein Heimatkreistreffen, an dem sie nicht teilnahm. Die Heimat ging ihr über alles.
Frau von Böttinger war Trägerin der silbernen Ehrennadel unserer Landsmannschaft und für 10-jährige Mitgliedschaft Inhaberin der entsprechenden Ehrenurkunde.
So war ihr Leben in fröhlicher Freude und im tiefen, dornenvollen Leid.
Frau von Böttinger hat bei ihrem Gottvertrauen sich nicht unterkriegen lassen und auch bei ihrem unendlich großen Leid auf Gottes Hilfe gebaut. Sie hing mit allen Fasern ihres Herzens an ihrer und unserer Heimat, die sie nie vergessen hat, so lange sie lebte.