Sternbergs Lage
Hiermit grüße ich alle Sternberger, insbesondere Karl Günther (Jg. 1928) aus der Tischlergasse in Sternberg, Nachbar von Bäckerei Reich. Jetzt in Oberstdorf im Allgäu. Ihm und seiner Frau Dank für die Gastfreundschaft am 2. Januar 2014
H. Habermann
Die Zergliederung der Landschaft durch Talmulden oder Flussläufe in eine Anzahl von Hochflächen ist typisch für die Bodengestaltung der südlichen Neumark, in deren Bereich Sternberg gelegen ist. Die mannigfachsten Landschaftsbilder verdanken dieser Gliederung ihr Entstehen, fast alle einander ähnlich und doch verschieden. Wald, meist Nadelwald, führt beinahe in die Ortschaften hinein, Seen liegen in deren Mittelpunkt oder unweit davon. Städte und Dörfer sind fast ausnahmslos auf den ansteigenden Ufern oder Abhängen zu finden und so harmonisch in die natürliche Schönheit des ganzen Gepräges eingefügt.
Der Eilangsee bestimmt die Lage Sternbergs geographisch genauer, wie die Eilang, ein Nebenflüsschen der Oder, die Verbindung dieses Gebietes mit dem großen Flussnetz Oder Warthe herstellt. Verkehrstechnisch ist Sternbergs Lage durch die Eisenbahnlinie Berlin Frankfurt—Schwiebus einerseits, andererseits dadurch, dass es Kreuzungspunkt der großen Chausseen Berlin—Posen und Landsberg—Krossen ist, begünstigt. Ferner besteht Bahnverbindung mit dem nahen Lagow und von dem auf guter Chaussee rasch zu erreichenden Zielenzig aus Bahnverbindung mit Meseritz und Landsberg.
Von Berlin ist Sternberg in etwa 3, von Frankfurt in 1 1/4 Stunden zu erreichen. Die Verbindung mit Zielenzig besorgt der Autobus-Verkehr.
Aufenthalt.
Gasthöfe:
1. „Hotel Deutscher Haus“ m. Saal Inh.: Hans Schult
2. „Mark Brandenburg“ m. Saal Bes. Karl Kiefer
3. „Schützenhaus“ Bes. A. Tornow
4. „Reichsgarten“ Bes. H- Köckert
Gastwirtschaften:
1. „Zum Löwen“
2. „Bahnhofsrestaurant“
3. „Gottlieb Hoffmanns Gasthaus“
4. „Wilhelmshöhe“
6. „Zur Sonne“
7. „Schwarzer Adler“
8. „Zur Linde“
9. „Zum Hohenzollern“
10. „Stern“
Für Unterkunft ist somit reichlich gesorgt. Pensionspreis von 4 Mk. an je nach Wahl.
Sternberg in Sage und Geschichte.
Die geschichtlichen Anfänge der Stadt Sternberg reichen ins 13. Jahrhundert zurück. Otto II., Markgraf von Brandenburg, hatte, um sich vom Kirchenbanne zu befreien, seine Familiengüter dem Erzbistum Magdeburg verschrieben, und Konrad von Sternberg, der damalige Erzbischof, begann, das neukolonisierte Gebiet gegen räuberische Überfälle der Polen zu schützen, und gleichzeitig auch dem jungen Christentum eine Wehr zu geben. Auf der Suche nach einem geeigneten Platze für eine Burg kam er etwa um 1266 mit seinem Gefolge in die Gegend der heutigen Stadt. „Es ist zwar nicht so fruchtbar hier wie bei uns in Magdeburg, aber St. Maria und St. Moritz mögen den Höchsten bitten, dass er diesen Teil des Landes Lebus segne. Ich aber will ihm meinen Namen geben: Das Land Sternberg“, das sollen seine Gründungsworte gewesen sein. Er beschloss sofort, auf dem mittleren der drei an der Eilang liegenden Berge, auf dem schon eine hölzerne Wendenburg gestanden hatte, ein festes Schloss bauen zu lassen, dessen Bedeutung als Grenzfeste groß gewesen sein mag. Schon im Jahre 1300 verkaufte es der Erzbischof an die Familie derer von Strele, aus deren Händen es wenig später in den Besitz der Ritter von Winning überging. Dem neuen Eigentümer verdanken Burg und Stadt den Namen „Raubnest Sternberg“, von dem die Sternberger Kreischronik u. a. berichtet:
„Das auf einem Berge liegende Schloss war vorn durch morastige Wiesen sowie durch doppelte Wälle und Mauern geschützt. Die hohe Zugbrücke war gegen alle Geschosse mit starkem Eisenblech beschlagen. Darin hausten fünf Gevattern von Winning mit einer starken Räuberbande, die weit und breit hin raubten und mordeten und stets in der festen Burg ihre Zuflucht hatten. Sie schonten jedoch ihre nächste Umgebung wohlweislich, beraubten aber die Handelsleute aus Frankfurt, Crossen, Guben, Meseritz, Posen, Breslau usw., .wenn diese irgend wohin zu Markte zogen. In einem tiefen festen Gewölbe standen drei große kupferne Braupfannen: die eine voller Gold-, die andere voller Silbermünzen, die dritte voller goldener Kostbarkeiten, Ketten, Ringe, Armspangen usw. Die Räuber aber häuften immer neue Schätze auf und lebten, wenn sie daheim waren, in Saus und Braus, dass es ein Grauen war. Da verband sich Kurfürst Joachim im Jahre 1606 mit dem Markgrafen von Lausitz (?) und der Herzogin von Schlesien und Polen und rückten mit einem großen Heere vor die Burg, die sie endlich nach tapferem Widerstande eroberten und gänzlich zerstörten. Die Räuber wurden sämtlich am Galgen aufgehängt, die von Winning mussten von dem Berge hinabsteigen und von nun an in dem offenen Städtchen Sternberg wohnen, wo sie sehr ehrbare Leute wurden und sich nachher in mehrere Linien teilten.“
Die Sage fügt hinzu, dass die Stammutter derer von Winning bei der Vernichtung der Burg am Leben geblieben sei und nun allnächtlich unter Stöhnen und Seufzen den unrühmlichen Untergang ihres Geschlechts beklagte. Ihre Nachkommen erbauten sich ihr neues friedlicheres Wohnschloss am Eilangsee in der Stadt auf dem heutigen Wasserhof, dem Sitze der Fürstlich Hohenzollernschen Oberförsterei, während unser Nachbardorf Kemnath (von Kemenate-Frauensitz) der jeweiligen Witwe der Winninge überwiesen wurde. So finden wir noch heute in der Kirche zu Kemnath mehrere Gedenktafeln der verstorbenen Winnigschen Familienglieder. Leider sind uns aus den früheren Jahrhunderten wenig sichere Nachrichten überkommen. Was nicht die Feuersbrunst im Jahre 1728 zerstörte, verbrannte 1767 in Küstrin bei der Beschießung der Stadt, in die alle wichtigen Dokumente und amtlichen Schriften gebracht worden waren, durch die Russen, oder ging beim zweiten Brande am 24. August 1824 zu Grunde. Das Feuer soll durch eine Explosion in der Apotheke entstanden sein; es griff mit rasender Schnelligkeit um sich, verzehrte die ganze Stadt mit wenigen Ausnahmen. Auch Kirche und Schule wurden ein Raub der Flammen. Mit dem Wiederaufbau Sternbergs begann man sofort, und 1826 erstand auf dem Schutt der Vernichtung ein neues Stadtbild.
Das gegenwärtige Sternberg.
Heute hat Sternberg etwa 2000 Einwohner. Es hält die glückliche Mitte zwischen ausgesprochener Kleinstadt und bäuerischer Mittelstadt. Im Allgemeinen hat es sich Neuerungen zunutze gemacht, jedoch seinen ländlichen Charakter bewahrt, der für einen Luftkurort als ganz besondere Eignung angesehen werden darf. Seiner in jeder Beziehung gesunden Lage und herrlichen Umgebung mit Wald und Wasser hat Sternberg es auch zu verdanken, dass vor mehreren Jahren Frankfurt a. O. aus der Dr. Göpel-Stiftung ein Ferienheim zwischen Eilangsee und Bahnlinie errichtete, und der Berliner Vorort Schöneberg gegenüber dem Sternberger Bahnhof sein Genesungsheim schuf. Die Bahnhofsstraße führt in die eigentliche Stadt, die an der Brücke über die Eilang beginnt. Bleiben wir hier einen Augenblick stehen, so sehen wir rechts von uns im hohen Gebüsch am Ufer des Eilangsees die Fürstlich Hohenzollernsche Oberförsterei liegen, links erblicken wir das Rittergut Grundhof mit Herrenhaus und Wirtschaftsgebäuden. In wenigen Schritten sind wir in der Frankfurter Straße. Wählen wir den rechten Gang durch die Stadt, kommen wir am Postamt vorüber, gehen über den Roßmarkt in die Crossener Straße, um hinter dem letzen Gebäude rechter Hand an den See zu kommen. Ein schmaler, schattiger Weg liegt vor uns, und nach kurzen Minuten umgibt uns Waldesstille. Hoch ragen die alten Bäume über Weg und Wasser hinweg, der Alltag stirbt vor der köstlichen Ruhe. Die Brust dehnt sich und zieht die würzige Luft mit kräftigem Atem ein. Dann wird’s lauter. Wir nähern uns den Badeanstalten. Hei, da ist Leben und Jugend, da winkt Freude und Kraft! Da können wir einen ganzen Tag mit Baden und Sonnen verbringen. Das ist unser Gesundbrunnen! Der See hat einen kurzen Strand und glasklares Wasser. – Nach dem Bade lohnt sich ein Spaziergang um den ganzen See herum, bis zurück zur Bahnhofstraße. Die Eilang-Promenade dauert etwa 40 Minuten und gehört mit zum Schönsten, was Sternberg zu bieten hat.
Wir gehen zurück zur Stadt. Diesmal wählen wir den geraden Weg durch die Brunnengasse und kommen auf den Rathausplatz mit Rathaus und Kriegerdenkmal von 1870/71, hier werden jährlich 6 große Pferdemärkte abgehalten. Nun liegt der Roßmarkt, mit dem Denkmal für die im Weltkriege Gefallenen, rechts von uns, links führt die Hohenzollern – S traße durch das Geschäftszentrum der Stadt. Folgen wir der Verlängerung der Hauptstraße, kommen wir an Kirche und Schule vorbei, biegen wir rechts ab, gelangen wir durch die Schwiebuser Straße auf die Korittener Chaussee, die nach Schwiebus führt.
Spaziergänge.
Zur leichteren Orientierung über die verschiedenen Wege zu empfehlenswerten Ausblicken und Ruheplätzen in der Umgebung Sternbergs sind Wegweiser angebracht.
1. Durch die Hasenberge. Man geht wieder vom Roßmarkt in die Krossener Straße. Die erste Gasse, welche links abgeht, bringt uns zu dem leicht erkenntlichen Schützenhaus. Kurz dahinter rechts abbiegend kommen wir auf die Hasenbergpromenade und gelangen nach wenigen Minuten an eine steinerne Brücke. Wir überschreiten diese und sehen nun gerade vor uns einen schönen breiten Weg in die Berge hineinführen. Diesen gehen wir. Er wendet sich bald nach links und bringt uns nach weiteren 7 Minuten auf einen rings von Wald umgebenen Platz mit Gemüsebeeten. Wir bleiben auf der linken Seite, gehen bis zu einer Holzbrücke mit Geländern, die über einen kleinen Waldbach hinwegführt. Wir gehen links in den Wald hinein, in dem wir dem Bach entweder auf der linken oder rechten Seite folgen, bis wir wieder an die steinerne Brücke kommen, die wir vorhin überschritten haben. Ungefähr 10 Schritte vor dieser Brücke geht eine Treppe zu einem schönen Aussichtspunkt auf die Hasenberge hinauf. Wir empfehlen unseren verehrten Gästen besonders, sich der kleinen Mühe zu unterziehen und dort hinaufzusteigen. Der Ausblick wird sie reichlich entschädigen.
2. Der Weg nach dem alten Hause. Man gelangt am besten nach dem alten Hause, wenn man die Zielenziger Straße bis zum evangelischen Kirchhof entlanggeht und dort links von der Chaussee abbiegt. Der Weg geht nun immer am Waldrande entlang. Nach ungefähr 10 Minuten schneidet er durch den Wald und man geht jetzt den ersten Waldweg – er ist fast 4 Meter breit – der links abführt. Man kommt so direkt zur Mittelmühle. Sowie man aus den Wald heraustritt, geht man rechts immer am Waldrande entlang und nach ungefähr einer 3/4 Stunde-Weg von Sternberg an gerechnet sieht man mitten aus der Wiesenfläche einen Berg sich erheben, der das Ziel unseres Ausflugs ist. Auf diesem Berge stand, wie die ganze Anlage noch heute erkennen lässt, eine Burg, das ehemalige Grenzschloss Sternberg, auch „Burg Reba“ und „altes Haus“ genannt. (Näheres über die Burg siehe im geschichtlichen Teil.) – Man kann nun auf demselben Wege zurückgehen, oder man steigt auf der entgegengesetzten Seite des Schlossberges (Ostseite) herunter und folgt diesem Wege, der ebenfalls nach Sternberg zurückführt und an vielen Stellen weite Ausblicke auf die ganze Gegend gestattet.
3. Zum Karschen- und Wilkensee und zum Seechen. Ausgang: Chaussee Kl. Ganderweg Nach kurzem Gange durch hohen Kiefernwald ist man am Wilkensee. Einer der schönsten Seen der Mark überhaupt. Südseite mit herrlicher Promenade um den ganzen See. Großartige Seeblicke und schönster Aufenthalt. Reiche Badegelegenheit. Zum Karschensee kommt man auf dem sich nach links abzweigenden Wege in etwa 10 Minuten. Der langgestreckte See hat flache Ufer, die fast ganz um den See führen und idyllische Plätze zum beschaulichen Ausruhen bieten. Wer noch nicht zu müde ist, gehe den Weg vom Wilkensee weiter, der ihn in etwa 30 Minuten am Seechen entlangführt und am Schluss etwas bergan in die Döbberntzer Landstraße mündet. Dieser nach links folgend, erreicht man nach einer 3/4 Stunden wieder die Stadt. (Vergleiche die Karte!)
4. Zum Görbitscher See. Eine Halbtagstour. Ausgang: Chaussee Kl. Ganderweg bis zum Karschensee, dann rechter Hand zum Görbitscher See durch den wunderschönen Buchenwald bis Görbitsch. Zurück, Landweg nach Sternberg über Bahnhof Sternberg. Die Partie gehört zur Sehenswertesten und Reizvollsten der ganzen Umgebung.
6 Zum Kriegergrund. Schwiebuser Straße entlang, am letzten Hause links abbiegend, die Grabower Straße entlanggehend bis zum Kreuzwege (durch Wegweiser bezeichnet). gelangt man, dem Grabower Wege folgend in etwa 30 Minuten nach dem Kriegergrund. In der schattigen tiefen Wiesenmulde wurden früher die Kriegerfeste veranstaltet. Für den Rückweg empfiehlt sich der Feldweg über den Mosepfuhl.
6. Durch den Fürstlichen Forst „Seggen“. Schwiebuser und Züllichauer Straße, links durch die Scheunen dem Weg nach Topper folgend, am Rosenhof vorbei in und durch den Fürstlichen Forst. Feldweg an Springwald vorüber zum Staatsforst. Zurück zur Korittener Chaussee geradewegs zur Stadt. Herrlicher Spaziergang durch den würzigen stillen Eichen- und Kiefernwald.
7. Nach dem Rasen. Vom Rathausmarkt durch die Krossener Straße an „Villa Melite“ vorbei, den linken Weg an der Wiese entlang, durch den Hohlweg am Bachufer bis zum Ausblick auf die Rasenseen.
Rückweg durch die Hasenberge, oder den Weg weiter bis zum Bahnübergang, rechts zur Straße nach Bierfässchen und weiter rechts haltend nach der Stadt zurück.
Tageswanderungen können unternommen werden nach dem unteren Eilangtal (Endpunkt Bahnstation Reppen), nach dem schönen Pleisketal (Endpunkte Bahnstation Leichholz oder Pleiskehammer) und nach Lagow.
(Aus: Führer durch den Luftkurort Sternberg Nm. Und Umgebung, Hrsg. Vom Verkehrsverein Sternberg Nm. Unveränderter Nachdruck durch den HK Oststernberg e. V.)
Digitalisierung: H. Habermann