„Ich bin in Jamaika geboren“
Immer wieder löst diese Bemerkung ein ungläubiges Erstaunen aus
Von Erhard Moritz
In Velbert im Rheinland wurde ich in einer dreijährigen Lehre als Schriftsetzer ausgebildet, musste aber einmal in der Woche nach Wuppertal in die Berufsschule, die extra für Schriftsetzer, Buchbinder und verwandte Berufe dort eingerichtet war. Als meinen Vorgesetzten in der Firma, einem Druckerei-Betrieb der Velberter Zeitung, hatte ich als meinen Ausbilder den Juniorchef, der natürlich auch meinen Personalausweis sehen wollte. Prompt ließ er es den Mitarbeitern wissen: „Unser neuer Lehrling ist in Jamaika geboren“, mit etwas spitzbübischem Lächeln fügte er hinzu: „Sein Vater war dort Missionar!“ Natürlich wurde ich von allen Seiten angesprochen: „Stimmt des, Du bist in Jamaika geboren?“ Von mir bekamen natürlich alle die Zustimmung, und so musste auch ich meinen Ausweis zeigen. Sie bekamen ihn zu sehen, aber ich deckte mit dem Daumen den Zusatz Kreis Oststernberg zu. Natürlich konnte ich die ganze Sache nicht lange auf sich beruhen lassen, und so kam es zu der Aufklärung und der Frage: Wo liegt denn Jamaika?
Nur wenige wussten zu sagen, es läge irgendwo zwischen Nord- und Süd-Amerika. Die Debatte ging hin und her. Ich hatte dann, wohlgemerkt, einen Atlas zur Hand. Daran konnte erkannt werden: Jamaika, als drittgrößte Insel der Großen Antillen, liegt etwa 145 km südlich von Kuba.
Das Erstaunen war groß. Wie kam ich von dort nach Velbert in die Lehre als Schriftsetzer. Eine Aufklärung war nun sehr schnell notwendig geworden.
Zu Zeiten vom Alten Fritz, Friedrich dem Großen, wurden zu seiner Regierungszeit, etwas 1750 herum, durch Brenkenhoff u.a. das Oder- und Netze-Bruch urbar gemacht. Es wurden dort eine Reihe von Menschen angesiedelt, die vielleicht gerne ausgewandert wären, so aber ein Stück Land bekamen und das zunächst ohne steuerliche Abgaben.
So entstanden dann die Ortsnamen, wahrscheinlich um das Fernweh zu lindern: Jamaika, Sumatra, Florida, Malta, Quebeck, Ceylon usw.
Wo aber liegt nun Jamaika? Von Berlin fährt man die alte Bundesstraße eins noch Küstrin. Hier beginnt das heutige Polen. Die Straße führt weiter über Sonnenburg noch Kriescht. Aber vorher, in Limmritz, muss man noch links abbiegen um Woxfelde zu erreichen. Durch Woxfelde durch geht die Straße weiter bis zu „Nickels Teich“. Hier sollte man nicht rechts abbiegen, sondern geradeaus den „Weidenweg“ nehmen. (Sicher merkt man jetzt, dass ich dort als Kind zu Hause war.) Am Ende dieses Weges steht dort der Wegweiser: Links nach Jamaika, geradeaus nach Ceylon an Florida vorbei bis nach Sumatra zum Deich an der Warthe, halbrechts zurück, geht es nach Pennsylvanien und Hampshire. Leider konnten wir in diesem Jahre (2012) nicht die alte Heimat besuchen, was wir aber mit unserer ganzen Familie im nächsten Jahre nachholen wollen.
1975 waren wir als Familie zum ersten Mal wieder in Jamaika in unserer alten Heimat, was heute seit 1945 zu Polen gehört, jenseits der Oder-Neiße-Grenze. Hier auf diesem Bild auf dem Bauernhof von meinem Opa Max Bellach wurde ich auf dem Kellerboden (siehe Pfeil) am 13. November 1931 geboren.
Erhard Moritz, Altebeek 170, Jheringsfehn, 26802 Moormerland, Telefon 04954/4252