Heimatreise 2011 nach Lagow – 14.-17. Juni
Dienstag (14. Juni), Abfahrt ab Ostbahnhof:
Einen gelinden Schrecken muss der Reiseleiter verkraften, als plötzlich „zwei Teilnehmer mehr an Bord sind“. Undenkbar zu Nicht-EU-Zeiten. Alle sind pünktlich zur Stelle und schon vor 11.30 Uhr kann die Fahrt losgehen.
Das Wetter lässt sich gut an, aber Wolken dräuen dunkel in der Ferne. Unser Bus ist auch etwas gewöhnungsbedürftig. Seine Tage scheinen gezählt. Aber dafür macht sein Fahrer alles wett. Er geht klaglos auf alle Extrawege, die der Reise-leiter nur andeutet, ein.
Beim ersten Halt, an den Seelower Höhen, haben sich alle arrangiert, mit „Stärkungshäppchen“ versehen und warten gespannt auf die Dinge, die sich in den nächsten Tagen ereignen sollen.
Dann ist auch schon Küstrin erreicht. Geldumtausch, und weiter geht es bis Sonnenburg. Obligatorisch natürlich die Johanniterkirche (jetzt „Kirche zur Heiligen Maria von Tschenstochau).
Kaum in der Kirche, setzt auch schon ein Gewitter
ein. Nach den „Muss man gesehen haben“-Objekten in der Kirche (Johannitergestühl, Wappenschilde, Orgel, Netzgewölbe) gehts flugs weiter über Kriescht, Beatenwalde, die viel mit Schwerlastern befahrene Strecke Richtung Meseritz weiter. Vor Waldowstrenk wird dann Richtung Königswalde abgebogen. Apropos Waldowstrenk. Wenige wissen, dass hier Friedrich von der Trenck oft zu Gast bei seiner Schwester war. Es ist eben der unglücklich die Schwester Amalie vom
„Großen Friedrich“ liebende Freiherr, dessen aufregendes, von Friedrichs Zorn geprägtes Leben in zahlreichen Filmen erzählt wird. Rast dann in Königswalde. Unsere Mitreisende Christel Schütz sieht den Ort ihrer Kindheit nach langer Zeit wieder.
Nach Stärkung weiter dann über Wandern, Zielenzig, Ostrow, Tauerzig, Sternberg, Koritten. Dann haben wir schon unser Forsthaus-Hotel Lesnik erreicht. Lagow gehört jetzt zum Kreis Schwiebus. Großes Gedränge am Abendbuffet. Wir speisen zusammen mit Forstbediensteten, die hier ein Seminar abhalten. Abends gesellt sich Jörg Lüderitz zu uns und gibt wertvolle Tipps für die, die an den nächsten Tagen Lagow individuell erkunden wollen.
Am Mittwoch (15. Juni) sind wir im Johanniterhaus in Zielenzig angemeldet. Dort erwartet uns dessen Leiter Jacek Cieluch. Gegenwärtig werden dort neben der Dauerausstellung Werke behinderter Künstler gezeigt.Dann begrüßt uns, gewohnt herzlich, Bürgermeister Michał Deptuch. Jacek Cieluch, Germanist und Politologe, referiert über Zielenzig im 13. und 14. Jahrhundert. Die Übersetzung besorgt der Profidolmetscher „Gregor“ Załoga, der auch die polnischen Gäste am 19.06. zu unserer Jubiläumsfeier nach Berlin begleiten wird.Hieran schließt sich ein Stadtrundgang durch Zielenzig an.
Auf unseren besonderen Wunsch wird auch das Denkmal für den Flieger Erich Albrecht einbezogen.Dann geht es weiter nach Königswalde. Beim Mittagessen lernen wir dort den zufällig anwesenden jungen Bürgermeister kennen. Er spricht gut deutsch und wir vereinbaren, in Kontakt zu bleiben. Das Schloss ist immer noch eine grosse Baustelle, auch die Brücke wird gerade restauriert.
So bleiben nach dem Mittagessen die Besichtigung der Kirche (wo ist der Taufengel geblieben?) und für unsere Teilnehmer aus Königswalde und Umgebung sind Besuche bei polnischen Freunden angesagt.
Der Weg zum Schloss Sophienwalde nötigt unserem kaum zu erschütternden Fahrer ein leichtes Stirnrunzeln ab. Dann stehen wir vor einer Barriere. Im Hintergrund ist das Schloss zu erahnen. Also zurück zur Chaussee und über Neudorf, Rauden, Zielenzig und Sternberg zurück nach Lagow. Der Abend klingt aus mit anregenden Gesprächen mit den Lagowern, die am Tag viel erkundet haben, und Jörg Lüderitz.
Donnerstag (16. Juni): Dieser Tag bietet uns zahlreiche Höhepunkte. Die Fahrt geht über Schwiebus, wo die neue Christusstatue in der Ferne grüßt, nach Kalau zu den Befestigungsanlagen der ehemaligen Festungsfront Oder-Warthe-Bogen (OWB). Ein sehr wortgewandter Schuldirektor verdient sich ein Zubrot. Gewandt klettert er auf die Festungskuppel und unterstreicht mit weit ausladenden Handbewegungen Funktion und Probleme dieser Festung. Er versteht es, uns so zu begeistern, dass wir alle die engen Treppen 30 Meter in die Tiefe steigen. Im spärlich erleuchteten Halbdunkel werden ebenso eloquent das unterirdische Tunnelsystem, Entwässerungs- und Belüftungsanlagen erklärt. Allen Teilnehmern sollte für diese Leistung ein besonderes „Tunneldiplom“ ausgestellt werden.
Nach dem Besuch des nahen Zisterzienserklosters Paradies gibt es im Klostercafé endlich eine Stärkung in Form von wohlschmeckendem Kuchen und Kaffee.
Unser Heimatfreund Otto-Karl Barsch hatte 1945 am
OWB zwischen Meseritz und Pieske Dienst getan. Diese Route wählen wir für die Rückfahrt. Eine Abkürzung vor Meseritz bietet sich an. Plötzlich befinden wir uns inmitten von alten Kasernen, die offensichtlich gerade zu Wohnzwecken modernisiert werden. Mit Hilfestellung finden wir den richtigen Ausweg.Es stellt sich heraus, dass wir uns im „Regenwurmlager“ befanden. Dann über Pieske, Seeren, Schönow und Grunow wieder zurück. Abends wird im Pavillon ein Abschiedsessen bereitgestellt. Bis dahin bleibt noch etwas Zeit zu einem Bummel durch
den Ort und auf den Schlossturm. In der nahen Kirche probt der Organist für das gleich beginnende Konzert.
Der Freitag (17. Juni), unser Rückreisetag, bietet uns eine Fahrt über Alt Limmritz ins Warthebruch, dessen Weiten wir noch als Erinnerungsbild mitnehmen wollen.
Über Woxfelde und auf dem Rolldamm geht es nach Sonnenburg und Küstrin. Vor dem Mittagessen unternehmen wir einen Abstecher durch das Brandenburgische Pompeji, die Altstadt Küstrin. Wir wandern zur Bastion König, schlendern den Kattewall
entlang, laufen über die Parkettspuren im Asphalt der Schlossruine. Das Tirpitzhaus mit seinen Säulenresten wird uns von der freundlichen Dame im Kiosk des Berliner Tores gezeigt. Nach dem Mittagessen geht’s zurück nach Berlin.
Das war eine Heimatreise mit einem kleineren Teilnehmerkreis als sonst. Das wiederum bot den Teilnehmern Gelegenheit zu vielen individuellen Gestaltungsmöglichkeiten und zum gegenseitigen Kennenlernen.
Für den kurzfristig ausgefallenen zweiten Reiseleiter sprang Frau Helga Habermann ein. Sie übernahm die
finanzielle Abwicklung und versorgte uns mit selbstgebackenem Kuchen und kleinen Leckereien.
Heinz Habermann