Fünf Lagower Geschwister treffen sich in Mecklenburg
Ein Bericht von Renate Uhlig, geb. Grätz, Rathausstraße 64/66, 21502 Geesthacht
Wir 5 Geschwister sind die letzten Kinder von Emma und Robert Grätz. Unseren Eltern gehörte das Haus auf der Tiergartenhöhe Nr. 14.
Wir waren 10 Kinder, von denen wir 5 Kinder noch übrig sind. Durch die Flucht 1945 sind wir in Mecklenburg gelandet. Es wurde unsere zweite Heimat. Nun leben wir natürlich alle verstreut, deshalb dieser Treff in Mecklenburg. An einem schönen Wochenende im Mai trafen wir uns alle 5 Kinder in Langhagen, Kreis Güstrow. Dort hat unsere Schwester Hildegard, sie wohnt dort, alles organisiert. Wir sind zwischen 69 und 85 Jahre alt. Auch nicht mehr so auf der Höhe, dennoch war das Zusammensein umso schöner. Ich habe zu unserem Treffen einige Erinnerungen von Lagow aufgeschrieben und vorgetragen. Als wären diese Zeilen von unseren Eltern. Es wurde viel erzählt. Meine älteren Geschwister haben viel gewusst. Ich selber war damals 7 Jahre alt und ging in Lagow schon zur Schule. Heute bin ich 73 Jahre alt. Unser Elternhaus steht noch. Ist auch noch ganz gut in Ordnung. Wir haben des Öfteren davor gestanden. Wir hoffen und wünschen uns, noch einmal nach Lagow zu fahren.
Nach unseren Wurzeln zieht es uns sehr. Einige unserer Nachbarn waren Fam. Zajonzek, Fam. Knetsch, Gerlachs, Baumgards und noch einige mehr. Mit Christa Weidlich, geb. Zajonzek, und Eva Thiele, geb. Träger, sind wir in Kontakt. Einige Geschwister fahren auch zum Heimattreffen nach Berlin-Tegel. Wir freuen uns über alles „Neue“, was wir dort erfahren. Auch die Heimatzeitung bekommen wir alle fünf. Unser kleines Städtchen ist eben wunderschön. Die schönen Wälder mit den Blaubeeren, den vielen Seen, die schöne Kirche, das Schloss, die Burg, der Tiergarten, alles das ist in schöner Erinnerung geblieben. In der Kirche wurden unsere Eltern getraut, die Schwester Betty konfirmiert und 9 Kinder getauft. Die Kirche betreten wir jedes Mal wenn wir in Lagow sind.
Mit sehr viel Liebe haben unsere Eltern das Weihnachtsfest vorbereitet. Die Kuchenbleche wurden von den größeren Kindern zum Bäcker getragen und nach der Schule frisch gebacken wieder abgeholt. Sehr lecker waren Muttis große Hefeklöße mit den frischen Blaubeeren aus den Lagower Wäldern. Nicht zu vergessen war der Grünkohl zu Weihnachten. Die Weihnachtsgeschenke haben die Eltern für uns selber gebastelt. Vor der Bescherung sangen wir alle schöne Weihnachtslieder und sagten Gedichte auf. Mein Gedicht war das vom Christkindlein. Es war einfach schön und diese Erinnerungen sitzen fest in unserem Herzen.
Leider haben wir nur wenige Jahre in Lagow gelebt. Der Zweite Weltkrieg hat alles zerschlagen. Unfreiwillig gingen wir auf die Flucht, Mutti mit noch 7 Kindern. Der Vater, Bernhard und Betty waren in russischer Gefangenschaft. Es war traurig. Wir sind immer nur gelaufen, gelaufen, gelaufen, bis wir im Kreis Güstrow gelandet sind. An unserer Seite war immer Fam. Träger. Mutti war am Ende ihrer Kraft. Unsere Schwester Hildegard Fröhmel hat in der Heimatzeitung 2/2009 einen Bericht über die Flucht geschrieben. Das war sehr ergreifend.
Wir versuchten nun in Mecklenburg Fuß zu fassen, um zu überleben. Die Schule wurde zu Ende gemacht. Die älteren Geschwister mussten arbeiten. Der Papa und Betty und Bernhard kamen aus Russland zurück und so langsam kehrte Ruhe in unseren Herzen ein.
Ich habe unser Heimatlied etwas umgedichtet und Mecklenburg mit eingebracht. Beim Singen liefen natürlich die Tränen. Wir waren in Gedanken unseren Eltern und Lagow sehr nah (anbei dieses Heimatlied). Bei einem schönen Kaffeenachmittag wurde dann wieder viel erzählt von unserer Kindheit und dem schönen Lagow. Lange saßen wir am Abend beim Grillen und schönem Wetter zusammen und wir waren alle glücklich und zufrieden. Schlimm war dann das Abschied nehmen. Dieses Wochenende wird fest in unserem Herzen bleiben. Vielleicht war es ja nicht das letzte Mal.
Heimatlied
Nach unserer Heimat zieht’s immer wieder,
sie bleibt die alte Heimat noch,
das Fernweh ist in Mecklenburg geblieben,
hier lebten wir ja lange noch.
Wir Kinder zogen in die Feme,
wir waren ja der Stücke „10“,
doch leider sind wir nur noch „5“ geblieben,
zurück bleibt nur ein leises Fleh’n.
So treffen wir uns heute wieder,
am schonen Langhägner See.
Die Freude groß, die Tränen laufen wieder,
es ist ein schönes Wiederseh’n.
Die Eltern sind schon lang verschieden.
5 Kinder sind nun auch nicht mehr.
O’weh, o’weh wo ist die Zeit geblieben,
wir lieben unsere Heimat sehr.
Wir danken dem Heimatverein für die Heimatzeitung und freuen uns auf die nächste Ausgabe. Unseren Heimatfreunden wünschen wir Gesundheit und Freude beim Lesen.