Der Ackerbau (Warthebruch)
Von Dr. Willi Schlaak
Auf dem fruchtbaren Boden des Warthebruches wurde vorwiegend Roggen, Weizen, Hafer angebaut – Gerste wenig. Aber nicht nur das Getreide, sondern auch das Unkraut wuchs üppig. Herbizide gab es damals noch nicht und der Einsatz von Hederich-Kainit war nur begrenzt möglich. Man musste deshalb – vor allem das Wintergetreide – wieten (jäten). Man ging also (meist Frauen) in der Reihe über das Getreidefeld und zog jeden Stengel Unkraut aus. Dieses Unkraut wurde in der Schürze gesammelt und dann zu einem bereitstehenden Wagen getragen. Es diente als Viehfutter. Oft musste diese Arbeit nach einiger Zeit wiederholt werden. Auf magerem Boden hätte man dieses Problem nicht gehabt.
Das Getreide wurde sehr hoch und brachte gute Erträge. Leider wurde es häufig durch Sturm und Regen niedergewalzt und richtete sich dann meist nicht wieder auf. Es gab Lagerkorn, das mühsam mit der Sense gemäht werden musste, weil die Maschine nicht eingesetzt werden konnte. Heute baut man andere Sorten an, die kürzere und stärkere Halme haben und so kann das Lagerkorn weitgehend vermieden werden.
Es wurde auch Mais angebaut. Er gedieh gut. Es wurden bis zu 30 Zentner und manchmal sogar darüber pro Morgen geemtet, ein Ertrag, der mit keiner anderen Körnerfrucht erreicht werden konnte. Bei dem Mais entfiel das lästige Wieten, weil er schnell wuchs und das Unkraut selber erstickte. Man brauchte aber eine Darre, in der die Maiskolben nachgetrocknet wurden. Die Maiskolben konnten auch nicht in der üblichen Dreschmaschine gedroschen werden. Dafür war eine Maisraspel erforderlich, die mit einem Elektromotor angetrieben wurde.
Der Mais ist eine Kontinentalpflanze, die im Küstengebiet nicht zur Reife kommt. Man hat inzwischen Sorten gezüchtet, die auch an der Küste gut wachsen. Sie bringen viel Masse bei schlechterer Kolbenbildung und die Kolben werden in dem Küstenklima nicht reif. Dieser Mais wird bei Milchreife geerntet und siliert und dient als Rinderfutter. An Hackfrucht wurden Kartoffeln und Runkelrüben angebaut sowie als Zwischenfrucht Stoppelrüben, die Ende Oktober als Viehfutter geerntet wurden. Kohlrüben und Zuckerrüben waren selten.
Die Kartoffeln brachten hohe Erträge. Es waren aber feste Kartoffeln, die zur Schweinefütterung verbraucht wurden. Die Brandenburger und Schlesier sind oder waren zumindest Soßenfanatiker. In den guten Hotels war der Soßenkoch ein sehr wichtiger Mann. Die Kartoffel musste deshalb mehlig und saugfähig sein und wenn sie als Pellkartoffel gekocht wurde, musste sie platzen. Viele Bauern aßen deshalb ihre Kartoffeln, die sie auf dem Letboden geerntet hatten, nicht selber, sondern kauften sich Esskartoffeln, die auf Sandboden gewachsen waren. Die damals beliebten Sorten waren die Woltmannsche Kartoffel und die Odenwälder Blaue. Beide Sorten waren nicht krebsfest und ihr Anbau wurde daher später verboten. In den zwanziger Jahren entdeckte man in Berlin die Salatkartoffel. Für Kartoffelsalat braucht man eine feste Kartoffel. Man stellte sich sofort darauf ein und verkaufte die festen Kartoffeln nach Berlin. (Die Berliner verstehen ja nichts von Kartoffeln, sagte man.) Aber es dauerte nicht lange und die Bauern aßen auch selber ihre eigenen festen Kartoffeln. Diese waren allerdings nicht so fest wie die heutigen Esskartoffeln.
Anmerkung (Habermann):
Der vorstehende Artikel entstammt dem (nicht veröffentlichten) Buch: „Verlorene Heimat Warthebruch“ von Dr. Willi Schlaak (14.3.1911–21.11.2004) aus Schartowsthal.