1. Polnisch-Deutsche Konferenz in Lagow
(Konferencja polsko-niemecka)
Bericht und Gedächtnisprotokoll
zur Sitzung der polnisch-deutschen Arbeitsgruppe am 9. Mai 2011 im Kulturhaus der Gemeinde Lagow
Von Helmut Sommer
Anwesend waren als Vertreter der Gemeinde wieder der Bürgermeister Herr Ryszard Oleszkiewicz, teilweise auch seine Stellvertreterin; ebenfalls die Gemeindeinspektorin für Kultur, Frau Boguslawa Wozniak, als Vertreter der „Sozialkulturellen Gesellschaft der Deutschen Minderheit in Grünberg“ Herr Boleslav Bernaczek, als Vertreter dieser Gesellschaft in Lagow Herr Uwe Adam und als Herausgeber der Zeitschrift „Klimaty Lagowskie“ Herr Ryszard Bryl. Als interessierte Einwohnerin war wieder Frau Miroslawa Carmer dabei, die auch diesmal dankenswerter Weise die sicher nicht leichte Arbeit als Dolmetscherin leistete, dabei durch ihren Mann Andrej und durch Herrn Peter Glogowski unterstützt wurde. Da zur unserer großen Überraschung die Veranstaltung als polnisch-deutsche Konferenz im Jahres-Terminkalender der Gemeinde öffentlich bekannt gemacht worden war, fanden sich noch etwa gut ein Dutzend ältere und jüngere Einwohner Lagows ein, die alle in einer Anwesenheitsliste erfasst wurden.
Von deutscher Seite waren wieder wie in den bisherigen Zusammenkünften Frau Christa Weidlich aus Potsdam, Frau Annita Zajonzek-Müller und ihr Mann aus Ostfildern, Herr Jöerg Lüderitz aus Frankfurt. a.d.O./Lagow, zugleich Beiratsmitglied im Vorstand des Heimatkreises Oststernberg, und der Berichterstatter Helmut Sommer aus Berlin dabei.
Vor Beginn der Sitzung versammelten und begrüßten sich die meisten Teilnehmer im Vorraum des Sitzungsraumes, in dem Frau Wozniak viel Informationsmaterial zur Anschauung, z.T. auch zum Mitnehmen, ausgelegt hatte. Zu unserer Überraschung erschienen hier auch eine Reporterin und ein Kameramann des polnischen Fernsehens (drittes Programm) zu Aufnahmen und Interviews; zugleich wurde bekannt gegeben, dass noch am selben Abend über die Veranstaltung im Regionalprogramm berichtet werden würde.
Interviewt wurden dann der Herr Bürgermeister, Herr Bernaczek und Frau Annita Müller-Zajonzek zu den Themen des Treffens. Tatsächlich konnten wir diese Aufnahmen dann am Abend auch im Fernsehen anschauen.
Wie vorgesehen eröffnete der Herr Bürgermeister um 12.00 Uhr die Veranstaltung im Nebenraum, in dem Raum, in dem zu unserer Zeit die oberen Klassen 5–8 ihren Unterrichtsraum hatten. Er begrüßte alle Teilnehmer, darunter besonders herzlich uns als die Freunde aus Deutschland und alle neu Hinzugekommenen, stellte die meisten der Versammlung vor. Eine formelle Tagesordnung war nicht vereinbart; Schwerpunkt der Versammlung sollte die Begegnung zwischen den jetzigen und den ehemaligen Bewohnern sein, Themen der Gespräche wie schon in den drei vergangenen Zusammenkünften das auf dem ehemalige deutsche Friedhof geplante „Lapidarium“ und der „Raum des Erinnerns“. In seiner Begrüßung forderte der Bürgermeister „alle Lagower“ auf, vor allem an diesem Projekt aktiv teilzunehmen.
Anschließend teilte Herr Bernaczek mit, dass er und seine Mitarbeiter weiter für das Projekt Lapidarium tätig sind; inzwischen haben sie aus Archiven in Deutschland Informationen über die Belegungen des Friedhof erhalten, die uns demnächst zugänglich gemacht werden könnten; außerdem könne auch das geplante Hinweisschild bald aufgestellt sein.
Sodann ergriff Frau Annita Zajonzek-Müller das Wort und gab weitere Erläuterungen zu dem Projekt „Kinder in Lagow“ als erstes gemeinsames Ausstellungsthema für den Raum des Erinnerns. Sie stellte einige mitgebrachte Beispiele vor und warb um rege Teilnahme bei den anwesenden „jetzigen“ Lagower.
In meiner Erwiderung zur Begrüßung des Bürgermeisters ging ich auf die Geschichte des Raumes ein, in dem wir saßen: Am gleichen Tage vor 99 Jahren, also am 9. Mai 1912, fand die Grundsteinlegung der für Lagow damals neuen Schule statt, was wir durch Dokumente erfahren hatten, die bei der Renovierung des Gebäudes im November 1987 gefunden worden waren. Wir hatten zusammen mit unserem Heimatfreund Emil Schulz im Oststernberger Heimatbrief Heft Nr. 1/1996 darüber berichtet. Kopien dieser Dokumente, Handschriften des damaligen Lehrers Herrn Calsow, dem Nachfolger von Herrn Domagk, hatte ich mitgebracht und konnte sie jetzt als mögliche Objekte für den „Raum des Erinnerns“ präsentieren. Auch ich stellte weitere mitgebrachte Fotobeispiele kurz vor.
In den folgenden Gesprächen, die durch die immer wieder notwendigen oft langwierigen Übersetzungen viel Zeit in Anspruch nahmen, kam naturgemäß erneut die Frage der Weiterarbeit und Betreuung vor Ort zur Sprache. Es konnten drei Personen unter den jetzigen Bewohnern gefunden werden, die sich um die Sammlung und Weiterbearbeitung des Ausstellungsmaterials kümmern wollen. Frau Wanda Ciichocka-Nowaczek und Herr Jozef Jackieitz, die beide zu den ersten neuen Einwohnern nach 1945 zählen, und Frau Alicia Radisek, die bereits vor 10 Jahren in dem damaligen kleinen Museum und in der Arbeitsgruppe um Frau Dr. Irena Sinicka-Szeja für die gleiche Sache aktiv war.
Herr Jackieitz, der als kleiner Junge 1946 nach Lagow gekommen war, damals als „Umgesiedelter“ aus Ostpolen, hatte selbst einige Dokumente aus seiner Vergangenheit mitgebracht, die er kurz vorstellte. An diese neuen Mitglieder der Arbeitsgruppe übergaben wir alle unsere Materialien, verbunden mit der Bitte, die notwendige Übersetzungsarbeit zu leisten – aber auch mit der Bitte, unter den jetzigen Bewohnern weitere zu finden, die sich aktiv beteiligen wollen.
Die Versammlung, in der wir alle durch Kaffee, Tee und Gebäck verwöhnt worden waren, löste sich auf mit der Verabredung, noch gemeinsam den künftigen „Raum des Erinnerns“ zu besuchen, um dort vielleicht konkret über die Gestaltung der künftigen Ausstellungen zu sprechen. Der Besuch fand dann auch statt, konkrete Gespräche kamen aber nur noch in interessanten Einzelgesprächen zustande.
Vor der Verabschiedung überreichte Frau Zajonzek-Müller dem Bürgermeister und der Stadtsekretärin je eine gute Flasche Sekt der Weinkellerei Esslingen aus ihrer schwäbischen Heimat und bedankte sich damit noch einmal ganz herzlich für die in Gang gekommene gute Zusammenarbeit.
Am nächsten Tag hatten wir vor unserer Abreise noch einmal Gelegenheit, mit dem Herrn Bürgermeister zu sprechen. Dabei wurde wieder deutlich, wie groß das Interesse auf beiden Seiten an einer gedeihlichen und erfolgreichen Zusammenarbeit ist. In diesem Gespräch wurde als vorläufiger Plan beschlossen, am Eingang zum Friedhof/Lapidarium einen Stein aufzustellen, der an die dort Ruhenden erinnern und ihrer gedenken soll. Der Gedanke wurde von uns an Herrn Bernaczek weitergegeben, der das Projekt Lapidarium betreut.
Ein neuer Termin für die Zusammenkunft der Arbeitsgruppe wurde nicht vereinbart. Es sollte abgewartet werden, bis erste Ergebnisse der Arbeiten in Lagow vorliegen. Die Koordination der Zusammenarbeit soll weiter über das Gemeindeamt Lagow laufen, hier noch einmal alle Anschriften:
Frau Boguslawa Wozniak (Gemeinde Lagow)
Urzad Gminy Lagow, ul. 1 Lutego 7, Pl 66-220 Lagow,
Tel. 0048 68 341 2186, E-Mail: sekretariat@lagow.pl
Kontakte und Anfragen aus Deutschland weiter an:
Frau Annita Zajonzek-Müller, Lindenstraße 25,
73760 Ostfildern, Tel. 711 349 588,
E-Mail: annita.zajonzek.mueller@t-online.de
oder
Herr Helmut Sommer, Gruberzeile 9, 13593 Berlin,
Tel. 030 361 53 04, E-Mail: hebriso@alice-dsl.net