Bericht über die Heimatfahrt vom 14.-18.6.2010
Wieder mit dem Stadtquartier in Lagow
Wir haben wieder eine interessante, schöne Reise hinter uns! Sie begann pünktlich um 11.30 Uhr vom Berliner Busbahnhof unter dem Funkturm. Da wir erst gegen 18 Uhr in Lagow erwartet wurden, ging es gemächlich über Landstraßen durch den Barnim über Müncheberg, Seelow zur alten Bischofsstadt Lebus/Oder. Hier begrüßte uns herzlich Herr Knüppel, der uns auf den Burgberg mit seinen Ausgrabungsstellen führte, zum Museum und zur Kirche der Stadt. Der kurze steile Aufstieg zum Burgberg, wo kaum noch Mauerreste zu sehen sind, wurde reichlich belohnt durch die herrliche Aussicht auf die Stadt und das Odergebiet. Auch gab Herr Knüppel einen kurzen Überblick zur Geschichte des Ortes, z.B. wann und wodurch wurde Lebus Bischofstadt? Schon 1124/25 wurde Lebus Bischofsitz, gegründet vom Erzbistum Gnesen aus. Erst 1432 wurde Lebus dem Erzbistum Magdeburg unterstellt, nachdem der Bischofssitz schon 1373 nach Fürstenwalde verlegt worden war. Das Gelände der ehemaligen Burg wurde besichtigt, die Stelle wurde gezeigt, wo der Bischofsdom stand, der dem Hl. Adalbert gewidmet war. Wieder unten im Ort konnte im Museum ein Modell des Burgberges betrachtet werden. Müde und hungrig geworden, verwöhnten uns im evangelischen Gemeindehaus an der Kirche, die aus dem 18. Jahrhundert stammte, Gemeindefrauen mit gutem Kaffee zu von uns mitgebrachten Kuchenstücken. Unser Weg führte uns weiter über Frankfurt/Oder, Drossen, Zielenzig, wo wir unseren altbekannten und verehrten Dolmetscher Heinrich Kwasny freudig in unseren Bus aufnahmen. In Lagow wurden wir herzlich willkommen geheißen. – Nach dem Abendessen wurde noch kurz in der „Keller-Bar“ Rücksprache gehalten zu dem Thema, wie wir die kommenden drei Tage verbringen werden.
Am nächsten Tag war zunächst Zielenzig unser Reiseziel. Vormittags hatten wir im Johanniterhaus (an der Postum) eine Begegnung mit polnischen Bürgern. Es gab ein sehr lebendiges Rundgespräch über Erfahrungen aus der Vergangenheit und über Begegnungen, die Teilnehmer zu weiterem Austausch ermutigten. Vor dem Bus wurde ein kurzes Mittagessen improvisiert mit Bockwurst und Brot und Kaffee, was unser Busfahrer, Herr Beck, vorbereitet hatte. – Zielenzig wird bei keiner Busreise unseres Vereins verlassen ohne den Besuch an dem Gedenkstein für die vielen Toten aus der alten Heimat. Nach einer Gedenkminute sprach Hans-Dieter Winkler ein kurzes Gebet und das Vater unser, und er legte Rosen nieder. Weiter führte uns die Fahrt durch das Sternberger Land. Unser nächstes Ziel war Sonnenburg mit der Ordenskirche der Johanniter. Unser Weg führte uns auch durch die Dörfer Neudorf und Rauden, wo auf dem ehemaligen deutschen Friedhöfen im Jahr 2009 durch finanzielle Mithilfe unserer Heimatfreunde und mit Beteiligung der Großgemeinde Kriescht Gedenksteine errichtet worden sind, auf denen jeweils in deutscher und in polnischer Sprache steht: „Nur der Herr kennt ihre Namen.“ In Herzogswalde war die achteckige Dorfkirche, die immer noch renoviert wird, nur von außen zu besichtigen. Eine ausgiebige Kaffeepause gab es dann in Königswalde an dem schönen Marktplatz. In Lagow über Gleißen, Wandern, Schermeisel, Langenpfuhl und Schönow wieder angekommen, erwartete uns nach dem Abendessen draußen ein bunter Abend mit Grill-Feuer und einem Musikantentrio aus Tempel. Großvater, Sohn und Enkel musizierten mit Pauke, Akkordeon und Saxophon! Einige Paare schwangen sogar nach alten Weisen das Tanzbein.
Am nächsten Tag wurden die Teilnehmer, die es wünschten, vormittags mit dem Bus in die Heimatorte gebracht, die sie besuchen wollten. Am Nachmittag wurden sie mit dem Bus wieder abgeholt. Einige Teilnehmer blieben in Lagow, andere unternahmen eine Wanderung entlang dem Lagower See bis sie im Moor stecken blieben. Auch der kühle Rückweg – bei herrlichem Sonnenschein – unter schattigen Buchen war eine Freude. Am Nachmittag gab es für die Lagower ein Gespräch mit dem Bürgermeister von Lagow, mit Lagower Bürgern und Vertretern der „Sozial-Kulturellen Gesellschaft der Deutschen Minderheit in Grünberg“. Herr Sommer wird darüber besonders berichten. Nach dem Abendessen, wieder in der „Keller-Bar“, stellte Herr Jörg Lüderitz, der jetzt zeitweise in Lagow lebt, einige seiner Bücher vor. Er hat einen wahren Schatz ausgegraben für Heimatfreunde und Touristen durch seine gute Beschreibung der Wanderwege und Radtouren um Lagow und durch das Sternberger Land. Seine Bücher sind z.T. gut bebildert, und es wird jeweils der historische Hintergrund der entsprechenden Orte kurz aufgezeigt.
Für den vierten Tag unserer Reise war die Fahrt nach Posen vorgesehen. Posen liegt 120 Kilometer östlich von Lagow und ist mit 580000 Einwohnern die fünftgrößte Stadt Polens. Posen war preußisch von 178-1919, mit Hohenzollern-Schloss, war im Zweiten Weltkrieg wenig zerstört und ist heute Messe- und Universitätsstadt mit 140000 Studenten. Jedes Jahr wird ein E.T.A.-Hoffmann-Festival durchgeführt, und von den Chören sind besonders die „Posener Nachtigallen“ bekannt. Der Dom der Stadt, die älteste Bischofskirche in Polen, ist im Jahre 967 zunächst als kleine Steinkirche erbaut. Im Mittelalter wurde diese Domkirche durch einen größeren Backsteinbau erneuert. – In Posen stieg unsere polnische deutschsprechende Stadtführerin in den Bus. Nach einem herzlichen Willkommensgruß führte sie den Bus an vielen Sehenswürdigkeiten in Posen vorbei. Schließlich zeigte sie uns das neue Wassersportzentrum (Schwimm- und Rudersport, Regatten, Naherholung). Weiter ging es zur Dominsel und zur Altstadt. Der Dom ist innen sehr dunkel. An den Seitenwänden und hinter dem Altar befinden sich übermannsgroße Bronzeplatten, fein gearbeitet, zur Erinnerung an Posener Bischöfe aus dem Mittelalter. Zuletzt gelangten wir in die Krypta des Domes, wo auch noch Mauerreste des ersten Domes zu sehen sind. Dort befinden sich auch in einem Raum die Steinsärge der Bischöfe, deren Grabplatten oben im Dom zu bewundern waren. Wir durchwanderten die Altstadt, bewunderten den großzügig angelegten Marktplatz mit dem Rathaus aus dem 16. Jahrhundert – gebaut im Stil der italienischen Renaissance. Der Marktplatz ist bebaut mit mehrstöckigen Giebelhäusern. Das sind 16 sehr schmale zweistöckige Häuser an der Längsseite, die „Krämer-Häuser“, aus dem 13. Jahrhundert. Diese Häuser haben z.T. nur eine Breite von drei Metern, sie sind pastellfarben verschieden gestrichen. Sie haben im Erdgeschoss Laubengänge, in denen sich noch heute Geschäfte befinden. Diese Häuser sind noch heute oben bewohnt, wobei hinter den Außenfassaden die oberen Etagen von mehreren Häusern zusammengefasst sind zu größeren Wohnungen. Weiter ging es durch die Dominikanerstraße. Dort befinden sich mehrere hohe, langgestreckte Häuser der Dominikaner aus verschiedenen Jahrhunderten, die noch heute z.T. für kirchliche und städtische Zwecke genutzt werden. Es gibt etliche schöne Brunnen in den Seitenstraßen. Für mich besonders ansprechend war der „Bamberca-Brunnen“. Da ist eine junge Frau in Bamberger Tracht mit zwei Kannen in den Händen dargestellt. Aufgestellt ist dieser Brunnen zur Erinnerung an die Bamberger Siedler, die Anfang des 18. Jahrhunderts, als Posen durch die Pest entvölkert war, das Gebiet um Posen besiedelten. Nach einer ausgiebigen Essens- und Kaffeepause begaben wir uns wieder auf die Heimfahrt nach Lagow.
Am Rückfahrtstag – nach herzlicher Verabschiedung vom Hauspersonals des „Hotel Lesnik“ – ging es zügig über Zielenzig und Frankfurt/Oder nach Fürstenwalde/Spree. In Zielenzig wurde noch Heinrich Kwasny aus unserer Reisegesellschaft kurz mit Dank verabschiedet. Ob er im nächsten Jahr noch wieder mit dabei sein kann? Er ist ja schon 81 Jahre alt. Im Dom von Fürstenwalde erwartete uns schon Frau Kuhn zur Führung durch den ehemaligen Dom der Lebuser Bischöfe. Der zeitlich in seinen Anfängen bis ins 13. Jahrhundert reichende Dom wurde im April 1945 zerstört. Erst 1995 konnte die Wiedereinweihung des äußerlich alten Doms, der innen zweckgebunden neu gestaltet ist, stattfinden. Wir staunten, wie ideenreich der Inneraum des Domes für unterschiedliche Zwecke vielfältig zu nutzen, wieder aufgebaut ist. Es finden sich gottesdienstliche Räume, zu nutzen für Sommer- oder Winterzeiten und Gemeinderäume für Unterrichtszwecke, für Gemeindeveranstaltungen und für Tagungen mit vielen Teilnehmern. In das Kirchenschiff sind, von Westen aus zum Altar hin, mehrere Etagen eingebaut, die z.T. mit Glaswänden zum Kirchenschiff abschließen. In einer Etage steht eine große Schukke-Orgel, die aus der Thomaskirche in Leipzig übernommen werden konnte. In einer sehr lebendigen Weise machte die Domführerin, Frau Kuhn, aufmerksam auf viele interessante Details in der Kirche. Da war der barocke Altar, der als Leihgabe von der Jüterboger Mönchenkirche hier im Dom aufgestellt ist, oder das 12,5 Meter hohe spätgotische Sakramentshaus, gefertigt aus Sandstein mit vielen Figu-
ren. Auch hier befindet sich eine Bronzegrabplatte eines Bischofs aus dem Mittelalter. Leider mussten wir weiter, weil der Bus bis 16 Uhr den Berliner Busbahnhof erreichen wollte, damit etliche Weiterreisende ihre Anschlüsse bekommen konnten.
Rückblickend lässt sich sagen: Es war wieder eine sehr sehr schöne Heimatreise! Sie hatte viele interessante Höhepunkte und war gut organisiert. Auch gab es mit dem Bus keinerlei kritische Situationen. Darum: Herzlichen Dank an Hans-Dieter Winkler und an den Busfahrer, Herrn Beck.