Unsere Heimatstadt Sternberg im Kreise Oststernberg
Unsere Heimatstadt Sternberg im Kreise Oststernberg
Sternberg, du bist das Herz des Sternberger Landes, das nach dir seinen Namen trägt. Du gleichst in deiner Bescheidenheit dem Veilchen, das in der Verborgenheit blüht. Viele gingen bei dir ein und aus, ohne dich und eine wirkliche Lage zu sehen und zu betrachten. Darum habe ich dich, meine Heimatstadt, in nebenstehender Karte so aufgezeichnet, wie du warst und wie ich dich noch heute in Erinnerung habe.
Von Norden, Osten, Süden und Westen gesehen, nichts verdunkelte dein Angesicht. Kam der Besucher von Westen, die langgestreckte, absteigende Bahnhofstraße herunter, erhielt er von oben den freundlich grüßenden Blick des Städtchens. Unten biegt die Bahnhofstraße rechts in die Große Frankfurter, links in die Kleine Frankfurter Straße, geradeaus in eine ansteigende Schlucht, „Schurregasse“ (zuletzt Brunnengasse) genannt, zum Plateau des Rathausmarktes.
Die Große Frankfurter Straße führt am Fuße des Berges entlang zum Roßmarkt und mündet links in die Hohenzollernstraße und rechts, nach Süden, in die Krossener Straße ein. Die Hohenzollernstraße nimmt man in ansteigendem Schritt, an dem links liegenden Plateau des Rathausmarktes vorbei, bis zur Kreuzung. Dort geht rechts die Schwiebuser Straße und geradeaus, nach Norden, die Zielenziger Straße ab. Von links mündet die Kleine Frankfurter Straße ein.
Auf dem Rathausmarkt, der früher Marktplatz genannt wurde, stand einst vor mehr als 70 Jahren das Spritzen- und das Armenhaus, das auch einen Arrestraum enthielt. Zwischen diesen beiden standen am hinteren Giebel des Spritzenhauses zwei städtische Pumpen nach der Brunnengasse zu, wo alle Anwohner des Marktes, der Straße und Gassen ihr Wasser für Mensch, Vieh und sonstigen Bedarf holten. Die Wäsche wurde im Eilangflüsschen — hinter Schuhmacher Meißner — gespült. Die Pumpen hatten trotzdem noch genügend Wasser abzugeben. Das Überlaufen der Eimer und Gefäße beim Wasserholen war ganz beträchtlich. Im Sommer schadete es nichts, aber im Winter bei Schnee und Frost gab das in einem flachen Rinnstein zur Schurregasse abfließende Wasser eine gute Eisbahn. Welch eine Freude für die Jungen! Mit den Schlitten oder Holzpantoffeln, die unten mit zwei Streifen Draht benagelt waren, herunterzusausen. O wehe – die armen Passanten! Alle bewegten sich durcheinander; auch manche Karambolage gab es. Das Schelten und Aschestreuen vertrieb die Jungen nicht. „Immer feste druff“, hieß die Parole. In der abschüssigen Schützenhausgasse war es nicht viel anders, nur dass dort die Schlitten über die Straße hinweg mit Wucht gegen Waldes Tor sausten. —
Die Anwohner der Krossener Straße, damals Paddengasse genannt, holten ihr Wasser zu jedem Bedarfszweck von dem Eilangflüsschen an der Krossener Straße zwischen Brücke und der Baronsgartenecke. Mit den Jahren haben alle Besitzer der Stadt auf ihren Gehöften Pumpen aufstellen lassen.
Nun möchte ich noch einen besonderen Vorgang aus der alten Zeit schildern: Damals gab es eine allgemeine Stadt-großmutter, die viele Jahre bettlägerig war. Wohnung und Betreuung wurden ihr von der Stadt gestellt. Das Mittagessen erhielt sie abwechselnd je eine Woche von sechs verschiedenen Familien. Diese waren Dr. Gruhn, Apotheker Follenius, Lehrer Schulz, zwei Tischlermeister Dietrich und meine Eltern, Below. Jeden Sonntag erhielt sie das Mittagessen von der Familie des Schornsteinfegermeisters Paul. Für Wäsche sorgten die Familien von Knobelsdorf und von Rathenow, für sonstigen Bedarf die Gutsbesitzer, für Holz die Oberförsterei Wasserhof. Die Großmutter machte bei den Bewohnern „Stippvisite“. So kam sie eines Tages zum Tischlermeister Dietrich, der gerade einen Sarg zur Ablieferung bereit hatte. Da fragte sie: „Vor warn ist der? — Muss sehen, ob der für mich och passt.“ Sie legte sich hinein, doch heraus musste sie gehoben und zu ihrer Wohnung getragen werden. Von da an war sie bettlägerig.
Ich kann mich noch der Feier ihres hundertsten Geburtstages erinnern. Die vorgenannten Familien und zwei Stadtväter hatten sich versammelt. 100 Kerzen waren auf einem Brett befestigt und entzündet worden, und mit diesem Lichterglanz wurde das Zimmer betreten. Da rief die Jubilarin:
„Mächens, wo seid ihr denn — ich bin un Himmel.“ Inzwischen hatte sich der amtierende Pfarrer Weichmann eingefunden, um ihr das heilige Abendmahl zu verabreichen. Als die Handlung vorüber war, sagte die Großmutter: „Mächens, kocht Kaffee und esst Kuchen, och die beiden Kerls — aber der schwarz Kerl nicht.
Sie war 101 Jahr alt, als sie starb.
Meine Zeichnung und Beschreibung der Stadt zeigte nur das alte Stadtbild. Gern hätte ich auch die damaligen Eigentümer im Stadtplan benannt, doch aus Rücksicht auf die Jugend, die die Verhältnisse unserer Heimatstadt noch in Erinnerung hat, machte ich die letzten und jetzigen Eigentümer namhaft.
Zum Stadtbild gehören noch die Ausbauten und Siedlungen, angefangen vom Mühlenweg an der Bahnhofstraße mit demblauen und roten Haus, am Kleingandernweg — Eilangsee, die Siedlungen zum Bahnhof, Görbitscher Weg und die Ausbauten auch an der Frankfurter Chaussee, Schöneberger Lungenheilstätte, die Mühlen im Eilangtal, Siedlung und Ausbau am Moosepfuhl, Ausbauten am Wallwitzer Weg und Korittener Chaussee, Siedlung am Topper Weg (Kretschmannsberg), Rosenhof, Springwald, Seggekabel und Krummpfuhl, an der Krossener Straße und Eilangsee (Golgatha), wo an der Bergkante die idyllische Gartenanlage mit Häuschen des pensionierten Postboten K. Simon liegt, weiter das Pensionat Brehmer, die Stiftung des Augenarztes Dr. Göbel für Frankfurter Kinder und alle südlich der Stadt gelegenen Ausbauten und Siedlungen vom Leichholzerweg bis Wilkensee.