Deutsch-polnische populärwissenschaftliche Tagung am 25. April 2014 im Johanniterhaus
Das Sulęciner Land in der Vergangenheit. Das Jahr 1945 und seine Folgen
Jacek Cieluch, Leiter des „Dom Joannitów“ ist ein ehrgeiziger Mann wenn es um die Veranstaltungen in seinem Hause geht. Als Magister der Germanistik und Politikwissenschaft möchte er, dass sein Haus die Aufgabe als deutsch-polnische Begegnungsstätte erfüllt. So ist er bisweilen enttäuscht, wenn er nicht ausreichend Zuarbeit für mögliche Themen bekommt.
An diesem Freitag war er sicher nicht unzufrieden mit dem Verlauf der Tagung, die er selbst moderierte und mit einem eigenen Vortrag über „Die Aktivitäten der sowjetischen Militärkommandantur Zielenzig im Jahre 1945“ eröffnete. Bürgermeister Michal Deptuch begrüßte die polnischen und deutschen Tagungsgäste:
Vom Heimatkreis Oststernberg Heinz Habermann mit Frau und Hans-Dieter Winkler, den Kurator des Hauses Brandenburg Karl-Christoph von Stuenzner-Karbe mit seiner Frau, Dr. Helmut Munkow mit Frau und Sohn sowie Friedrich Adolph Freiherr von Dellingshausen.
Von polnischer Seite waren anwesend: Der Vorsitzende des Stadtrats von Sulęcin, Leon Szczepanski, sowie die Ratsmitglieder Jadwiga Surudo-Szymczak und Danuta Szymańska, die lokalen Künstler Eduard Diłanian sowie Jan Kmieć und Andrzej Chmielewski, ein regionaler Historiker und Verleger aus Meseritz. Insgesamt folgten etwa 60 interessierte Zuhörer den Ausführungen der Referenten. Für die Simultanübersetzung sorgte der erfahrene Grzegorz Zaloga.
Mit der Einrichtung und dem Wirken der sowjetischen Militärkommandantur nach dem Einmarsch beschäftigte sich Jacek Cieluch in seinem Vortrag „Die Aktivitäten der sowjetischen militärischen Komendantur Zielenzig im Jahre 1945“. Die meisten deutschen Zuhörer erfuhren hier, dass nach der Besetzung Zielenzigs, am 2. Februar 1945, auch eine polnische Kriegskommandantur eingesetzt wurde. Allerdings hatte nur die sowjetische unter der Leitung von Oberst Scheremiet bis zum 1. August 1945 das Sagen. Unter diesem Kommadanten wurden auch so weitreichende Befehle erteilt wie der Gestellungsbefehl für alle Männer zwischen 18 und 60 Jahren und der Befehl Nr. 3 vom 30. März 1945 zur Abgabe aller Vervielfältigungsgeräte, ein Beherbergungsverbot von Wehrmachtsangehörigen innerhalb von drei Tagen, bei deren Nichtbefolgung Erschießung angedroht wurde. Scheremiet residierte in der Triftstraße 37. Sowjetsoldaten halfen bei der Ernte 1945.
Alexander Tracz, Geschichtslehrer am örtlichen Gymnasium beschäftigte sich in seinem Thema „Öffentliche Gebäude in Sulęcin zwischen 1945 - 1950“, mit dem Zustand der beschädigten öffentlichen Gebäude und dem zeitlichen Ablauf der Wiedererstellung und Inbetriebnahme.
Dazu wurde am 27. Mai 1945 eine Planungsgruppe berufen. Die Nikolaikirche wurde am 9. Mai 1947 wieder in Betrieb genommen, zwei Mittelschulen bis 1950, das Kreiskrankenhaus ging im Oktober 1945, nach 40% Zerstörung, wieder in Betrieb. Am 9. Mai 1948 konnte das Arndtsche Volksbad wieder benutzt werden und am 10. Dezember 1948 das Kino. Für die unfreiwilligen „Neusiedler“ war es eine schwere Zeit, geprägt von Krankheit und Materialmangel in allen Bereichen.
Der viele Erinnerungen hervorrufende Vortrag von Dr. Helmut Munkow mit dem Titel „Der Einmarsch und Aufenthalt der Roten Armee in Herzogswalde 1945“ ist in diesem Heft abgedruckt.
Unter der Titelankündigung des nächsten Referenten, Dr. Marcel Tureczek, Dozent und Forscher an der Uni Grünberg: „die sozio-politische Situation in den Westgebieten 1945“, konnte sich der Berichterstatter nichts vorstellen. Im wesentlichen ging es um die Propaganda und um die Überzeugungsarbeit um die „wiedergewonnenen Gebiete“. „Wir sind nicht hier hergekommen, wir sind hier zurückgekehrt“ steht noch in der Kartusche auf dem „Moritzstein“ bei Altlimmritz. Der Referent illustrierte mit einigen Archivfilmen dieser Zeit, wie brutal propagandistisch die „Repatriierung“ der Deutschen als „Glücksfall“ für dieselben dargestellt wird. Nach dem nächsten (letzten) Vortrag schloss sich hieran eine Diskussion um den Begriff „wiedergewonnenen Gebiete“ an.
Das letzte Referat, von Rudolf-Egbert Nultsch unter dem Titel „Ende des Zweiten Weltkriegs in Sonnenburg – Wie ich als Achtjähriger das Kriegsende 1945 erlebte“ vorgetragen, zeigte Erlebnisse und Situationen auf, wie diese in jener Zeit vielen der Zuhörer ähnlich widerfahren sind. Sein Beitrag ist in diesem Heft nachzulesen.
Um 15.30 Uhr sprachen Jacek Cieluch und Leon Leon Szczepanski die Schlussworte. Dem Berichterstatter bleibt nur, Jacek Cieluch für die Themenauswahl der zu gegenseitigem Verstehen wertvollen Beiträge zu danken und wünscht ihm gute Zuarbeit und Themenvorschläge auch von Seiten der Mitglieder unseres Heimatkreises.
Text und Foto Heinz Habermann