Lagower und Sulęciner Landschaftsschutzpark
von Ryszard Orzechowski
Im kommenden Jahr werden wir den dreißigsten Jahrestag der Entstehung des Lagower- und Sulęciner Landschaftsschutzparkes (früher nur Lagower genannt) begehen. Er ist der älteste Naturschutzpark in der Lubuser Wojewodschaft und besteht seit 1985. Er stellt eine von zehn bestehenden Formen des Naturschutzes in Polen dar. Das ist eine Großgebietsform, ähnlich einem Nationalpark oder einem Landschaftsgebiet, das unter dem Schutz steht und unter diesem Aspekt der Schutzstufe eine mittlere Form zwischen beiden oben erwähnten darstellt. Das Schutzregime ist ziemlich mild. Die Verbotsvorschriften sind fast ähnlich wie für die Gebiete der geschützten Landschaft formuliert und durch das Wojewodschaftsparlament bestätigt. Der Unterschied besteht nur darin, dass der Landschaftsschutzpark ein Verwaltungsorgan besitzt, d.h. einen Direktor und die Mitarbeiter für verschiedene Parkdienste. In dieser Hinsicht sehen die Landschaftsschutzparks den Nationalparks ähnlich.
Ein Landschaftsschutzpark wird in der Regel dort geschaffen, wo es eine große Anzahl von Werten und Vorzügen hinsichtlich Natur, Landschaft, Geschichte und Kultur (also das, was durch den Menschen innerhalb langjähriger Tätigkeit geschaffen wurde) gibt. Der Landschaftsschutzpark kann als eine Art des Qualitätszeichens betrachtet werden.
Der Lagower- und Sulęciner Landschaftsschutzpark liegt fast im Zentrum der Lubuser Wojewodschaft und ist einer von acht Landschaftsschutzparks in unserer Region. Er gehört zur Gruppe der LSP-s, deren Verwaltungsorgane in Gorzów Wielkopolski (Landsberg/Warthe) ihren Sitz haben.
Auf dem Territorium unserer Wojewodschaft befinden sich auch zwei Nationalparks, die die höchste Schutzform in Polen darstellen.
Hinsichtlich seiner Oberfläche ist der Lagower- und Sulęciner Landschaftsschutzpark nicht groß, etwa 54 km2 (mit Umgebung unter 120 km2), obwohl seine Grenzen zweimal in den Jahren 1997 und 2011 erweitert wurden. Das erfolgte in der nördlichen Richtung der Gemeinde Sulęcin (Zielenzig).
Die Vorzüge dieses Gebietes waren seit Langem bekannt und hoch eingeschätzt. In den Jahren 1933 – 1941 hat man das Torfmoor bei der Landstraße Lagow – Poźrzadło (Spiegelberg), den sogenannten „Zwierzyniec” unweit des Parkes beim Johanniterschloss in Lagow, sowie die Buchenwälder in der Umgebung von Bukowiec (Buchwaldhöhe) unter Naturschutz gestellt. Nach 1945 hat man diese Gebiete in den Jahren 1965 – 1970 als Naturschutzgebiete anerkannt, also lange bevor der Lagower Landschaftsschutzpark enstand. Da die landschaftlichen Vorzüge des Parkes bedeutend höher als regionale Maßstäbe sind und wegen der Mannigfaltigkeit der vorhandenen Gattungen von Flora und Fauna auch vom europäischen Standpunkt aus gesehen, wurde hier ein Gebiet unter dem Namen Europa 2000 „Lagower- und Sulęciner Buchenwälder“ geschaffen.
Ein Teil der Lagower- und Sulęciner Buchenwälder besitzt noch zusätzliche wirksame Schutzmittel, weil er sich auf dem Gelände des Truppenübungsplatzes befindet. Hier dürfen einerseits keine Bauarbeiten durchgeführt, und andererseits das Gelände nicht betreten werden. Vor allem ist das ein Waldpark, dem zahlreiche Gewässer einen besonderen Charakter verleihen. Nur den kleinsten Teil nehmen die Ackerfelder und Weiden ein.
Die Landschaft des Parkes ist abwechslungreich mit gewölbten Formen (Morenenhügel) und hohlen Formen (nacheiszeitliche Rinnen), sie entstand vor einigen Jahrtausenden der letzten Eiszeit. Bedeutende Denivelationen (also Schwankungen zwischen dem maximalen Hochpunkt und dem Unterpunkt) erreichen etwa 178 m. Man überwindet beinahe 120 m des relativen Unterschiedes indem man über dem See Trześniowskie (Tschetschsee)1,8 km geradeaus durch die Hügelkette geht und dazu werden noch 59 m der Seetiefe addiert. Der Trześniowskie See (Tschetschsee) ist der zehnttiefste See in Polen.
Die Seen der Lagower- und Sulęciner Buchenwälder sind mesotrophische Wasserbehälter (mit niedriger Fruchtbarkeit) mit Unterwasserwiesen, die durch Programm „Natur 2000” geschützt werden. Das sind Brutstätten für viele Fischarten. Die Seeuferlinie hat fast keine Schilfdickichte. Hier treffen wir Fische, die in tiefen und sauberen Gewässern vorkommen. Zu solchen gehören Große Maräne und Seeforelle. Außer Seen gibt es auch andere Gewässerarten, die kleinere Oberflächen besitzen und keiner starken Antropopression unterstehen. Das sind Bäche, z.B. der Bach, der aus dem See Buszno ausfließt, zahlreiche Wasserquellen und hohe durchlässige Torfmoore. Obwohl sie keine große Oberfläche haben, verleihen sie dem Landschaftsschutzpark besondere Vorzüge und erhöhen seine Biomannigfaltigkeit.
Die Lubuser Wojewodschaft verfügt über die größten bewaldeten Gebiete im Polen. Die flachen Gebiete (die Hälfte des Territoriums) sind in der Regel mit Kiefernwäldern bedeckt, aber im Lagower- und Sulęciner LLP gehören die Buchenwälder zur charakteristischen Waldart, diese bilden die sogenannte Lagower Bucheninsel. Die Lagower Bucheninsel wird durch das Programm „Natur 2000” geschützt.
Obwohl die Waldpartien auf den ersten Blick sehr natürlich aussehen, müssen wir trotzdem bedenken, dass sie durch eine fast 200-jährige Waldwirtschaftstätigkeit gestaltet wurden. Darum können wir bei den Wanderungen durch den Wald bemerken, dass es Elemente gibt, die mit der Landschaft harmonisch verbunden sind.
Zu solchen Elementen gehören vor allem gepflasterte Waldwege, Gedenksteine und Wegweiser. Weniger eindeutig, aber für einen Naturwissenschaftler ausgeprägter Beweis der ehemaligen Tätigkeit des Menschen sind bestimmte Pflanzen. An den Stellen der ehemaligen Forsthäuser und anderen Siedlungen, von denen wenige materielle Spuren geblieben sind, können wir charakteristische Pflanzen treffen z.B. Schneeglöckchen, Efeu, Immergrün, Sibirisches Zwiebelgewächs und einige andere.
Die Landschaft wird ständig durch die Naturkräfte gestaltet. In den letzten Jahren zeichnet sich die Anwesenheit der Biber mächtig ab. Er gestaltet die Ökosysteme durch die Änderung der Wasserverhältnisse. Doch die Tätigkeit des Menschen (Entwicklung der Wohnsiedlungen, der Kommunikationen und der Wirtschaft) hat den wesentlichsten Einfluss auf die Landschaft des Parkes.
Kommen wir zur menschlichen Tätigkeit zurück, die einen wesentlichen Einfluss auf die Landschaft des Parkes hat. Auf dem Territorium des LLPs sind alte wirtschaftliche Objekte erhalten geblieben, die heute zu den technischen Denkmälern gehören, z.B. die Brennerei in Łagów, oder die Mühle in der Umgebung von Jemiołów (Petersdorf). An der Grenze des LLPs funktioniert der Braunkohletagebau zwischen Sieniawa (Schönow) und Wielowieś (Langenpfuhl), der bereits seit 1873 betrieben wird. Die Ackerbaulandschaft des LLPs kann als Kulturlandschaft bezeichnet werden. Gestaltet ist sie durch die menschliche Tätigkeit: Entwaldung, Pflanzenbau und Weiden. Sie sieht ziemlich harmonisch mit zahlreichen Teichen und Baumpartien aus. An den Ackerfeldrändern trifft man oft Haufen von gesammelten Feldsteinen. Die Feldsteine wurden teilweise für die Bepflasterung der Wege sowie bei dem Bau von Häusern verwendet. Ab und zu finden wir Feldsteinhügel direkt im Walde, und das ist ein Beweis dafür, dass die Ackerfelder früher noch weitere Grenzen hatten.
Sicher kann man nicht sein, aber das Erscheinen der geografisch fremden Tierarten in der Fauna des LLPs, z.B. Streifenkrebs, Waschbär oder amerikanischer Nerz, ist wahrscheinlich den Menschen zu verdanken.
Eine der wichtigsten Aufgaben der Mitarbeiter der Parkverwaltung ist das Dokumentieren der wertvollen Naturelemente (z.B. geschützte und gefährdete Gattungen der Flora und Fauna). Wesentliche Beobachtungen werden von uns fotografisch und mit der Hilfe des GPS-Systems durchgeführt und die Ergebnisse tragen wir in die Digitalbasis ein.
Auf dem Territorium des LLPs wurden bis heute etwa 300 Gattungen entdeckt, die unter Naturschutz stehen und etwa 100 Gattungen, die sich in Gefahr befinden. Sie sind in sogenannten Roten Büchern beschrieben. Das ist ein Zeugnis dafür, das unser LLP einen wichtigen Beitrag zum Erhalten der biologischen Mannigfaltigkeit der Flora und Fauna nicht nur in unserer Region, sondern im ganzen Land leistet. Wenn man die Naturvorzüge des Lagower- und Sulęciner LLP-s hinsichtlich der Anzahl der geschützten Gattungen einschätzt, so kann er in eine Reihe mit dem Nationalpark Drawieński, der die höchste Form des Naturschutzes in Polen ist, gestellt werden.
Text und Fotos:
Ryszard Orzechowski (Vortrag, gehalten am 25. April 2014 im Johanniterhaus Zielenzig im Rahmen der deutsch-polnischen Veranstaltung: „Das Sulęciner Land in der Vergangenheit. Das Jahr 1945 und seine Folgen“)
Übersetzung: Eduard Diłanian
Zusammenarbeit beim Text: Jacek Cieluch
Die Gruppe der Landschaftsschutzparks der Lubuser Wojewodschaft, Lagower- und Sulęciner Landschaftsschutzpark.