200. Geburtstag: Gottfried Piefke 1815–1884
Am 9. September 1815 ist Gottfried Piefke in Schwerin/Warthe geboren. Gottfried Piefke war der Sohn des Musikers Johann Piefke und seiner Ehefrau Dorothea, geb. Werner. Die Eltern sind dann von Schwerin/Warthe nach Zielenzig verzogen; welche Gründe dafür vorlagen, weiß man nicht. In Zielenzig hatten sie das „Restaurant zum Bürgergarten“ gekauft. Hier übte der Vater das Amt eines Stadtmusikus und außerdem das eines Organisten der Katholischen Kirche aus. -. Schon beizeiten unterrichtete der Vater seinen begabten Sohn in der geliebten Musik. Mit zwanzig Jahren trat Gottfried Piefke bei dem Leibgrenadier-Regiment Nr. 8 in Frankfurt/O. ein. Schon während seiner Dienstzeit kam Piefke in die Regimentskapelle.
In Berlin studierte er dann mit vollem Eifer und sichtlichem Erfolg weiter Musik und übernahm schon 1843 selbst die Regimentskapelle in Frankfurt/O. Aufgrund seiner hervorragenden Zeugnisse wurde er gleich zum Stabshoboisten (Musikmeister) befördert und im Jahre 1859 zum Musikdirektor ernannt. Auf Veranlassung von Prinz Friedrich Karl wurde Piefke 1863 die gesamte Musik des 111. Armeekorps unterstellt.
Ganz besonders bekannt wurde Piefke aber durch seine Teilnahme am Sturm auf die Düppeler Schanzen. Als sein Regiment am 18. April 1864 zum Sturm antrat, hatte er vier Kapellen zu einem ansehnlichen Musikkorps vereinigt und dirigierte mit seinem Degen den York’schen Marsch von Beethoven und den traditionellen Düppler Sturmmarsch, den er eigens für den Angriff komponiert hatte, und der hier zum ersten Male erklang. Als Piefke mit seiner vereinigten Kapelle weiter vorrückte und gerade seinen neuesten Marsch spielen ließ, schlug plötzlich in allernächster Nähe eine schwere feindliche Granate ein und überschüttete die Musiker mit einem Hagel von Sand und Steinen. Geistesgegenwärtig riß Piefke seine Kapelle aus der begreiflichen Verwirrung und ließ sie ohne Besinnen wakker darauf los schmettern, daß der Mut der stürmenden Truppe auf’s neue angefacht ward, und die Schanzen nach zähem Kampfe endlich genommen wurden.
Piefkes mutige Tat, die eine erhebliche militärische Tragweite hatte, fand auch die volle Anerkennung des Erstürmers der Düppler Schanzen, des Prinzen Friedrich Karl, der ihm bis zu seinem Lebensende gewogen blieb. So wurde Piefke zu einer volkstümlichen Persönlichkeit und zwar nicht nur in seiner Garnisonsstadt Frankfurt/O. und im 111. Armeekorps, sondern darüber hinaus in der ganzen preußischen Armee.
Auch in dem deutsch-österreichischen Kriege und zwar in der großen Schlacht bei Königgrätz am 3. Juli 1866 hatte Piefke sich besonders bewährt.
Als am Abend die preußischen Fahnen das Schlachtfeld von Königgrätz beherrschten, spielte Piefke seinen neu komponierten Marsch als Weihe des errungenen Sieges. Noch heute erinnert dieser „Königgrätzer Marsch“, der den Zusatz trägt „Gespielt auf dem Schlachtfeld von Königgrätz“, an jenen denkwürdigen Tag.
Piefke hat eine ganze Reihe von Märschen und Konzertstücken komponiert, die allgemein gefielen. Am bekanntesten aber sind seine Militärmärsche Düppeler-Schanzen-Sturmmarsch, der Königgrätzer Marsch und Preußens Gloria geworden. –
Piefke, zweifellos einer der bedeutendsten Militär-Kapellmeister, war im Verkehr freundlich und liebenswürdig. Er war groß und kräftig und hatte eine gute Soldatenfigur. Am 25. Januar 1884 ist Gottfried Piefke als Musikdirektor des 111. Armeekorps gestorben. Seine letzte Ruhestätte fand er auf dem alten Friedhof in Frankfurt/Oder. Nach dem Feldzug gegen Oesterreich war Piefke allseits so populär, daß man – auch in Anlehnung an den bekannten Berliner Humor – im Heere jeden Musiker „Piefke“ nannte. –
Zum Schluß möchte ich noch bemerken, daß mein Schwiegervater,„Paul Becker“, das „Restaurant zum Bürgergarten“ von zwei Schwestern von Gottfried Piefke um 1897 oder 98 gekauft hat. Zur Erinnerung an Piefke wurde die Straße bis zur Triftstraße – etwa um 1930 herum – als Gottfried-Piefke- Straße bezeichnet. Das Grundstück meines Schwiegervaters trug die Straßenbezeichnung Gottfried-Piefke-Straße Nr. 1. In diesem Hause habe ich mit meiner Familie von 1921 bis zur Flucht im Januar 1945 gewohnt.
Text: Georg Krause (1895-1973)