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Am Schnittpunkt der Kulturen

Aus Heimatbrief-Ausgabe 2/2013, Seite 42, vom 20.08.2013 Redaktion Heimatbrief

Sehr geehrter Herr Habermann,
in der „Berliner Zeitung“ fand ich im Sommer des vergangenen Jahres einen Artikel, dessen Kopie ich Ihnen heute zusende. Sie werden feststellen, dass er, obwohl mehr als ein halbes Jahr seit dem Erscheinen vergangen ist, keinenfalls an Aktualität verloren hat! Vielleicht wäre es etwas für den Heimatbrief?
Mit freundlichen Grüßen
R. E. Nultsch

 

Am Schnittpunkt der Kulturen

Polen haben im Gegensatz zu Deutschen kein Problem damit,
polnische Städte mit deutschen Namen zu versehen

VON FRANK HEROLD

Wo liegen Drezno, Lipsk, Monachium? Die drei Orte sind Dresden, Leipzig und München in polnischer Sprache. So werden sie im Nachbarland überwiegend im Alltag genannt, man liest es in den Zeitun­gen oder auf Anzeigetafeln in Bahnhöfen und Flugplätzen. Niemand verbindet damit unterschwellige Besitzansprüche oder auch nur einen anderen Hintergedanken.
Umgekehrt scheint die Benutzung von Ortsnamen jedoch noch immer umstritten zu sein. Steht nicht, wer Posen, Danzig, Bres­lau oder Lemberg sagt, unter dem Verdacht, mindestens im Stillen Eroberungsabsichten zu hegen? Gewiss, die deutsche Bezeich­nung polnischer und ukrainischer Orte holt Geschichte herauf. Auch deren dunkle Seiten, die Zeiten von Aggression und Unter­drückung. Aber doch nicht nur. Für die Stadt Lemberg gibt es Namen in fast einem Dut­zend Sprachen. Das zeigt vor allem, welche Bedeutung der Ort als Schnittpunkt der Kul­turen in seiner Geschichte hat.
Die Verwendung von deutschen Namen für polnische Orte ist dennoch ein sensibles Thema, was sich auch in der Tatsache zeigt, dass es zwischen den Staaten keine rechts­verbindliche Regelung gibt. Ein Anlauf wurde vor zwanzig Jahren unternommen, als der deutsch-polnische Nachbarschafts­vertrag ausgehandelt wurde. Das Thema schien damals noch zu heikel. Es wurde nicht zu Ende diskutiert.
Die seither vergangene Zeit brachte glücklicherweise weit mehr als eine Norma­lisierung, der Begriff gute Nachbarschaft ist keine Floskel. Braucht es wirklich noch eine offizielle Erlaubnis? In der anderen Him­melsrichtung gibt es vergleichbare Ver­krampfungen nämlich gar nicht. Elsass und Lothringen – das geht uns völlig problemlos über die Lippen. Niemand würde Genf in ei­nem deutschsprachigen Text Geneve nen­nen. Und Bolzano als „das frühere Bozen” zu bezeichnen, ist einfach absurd.
Polnische Bekannte, die beider Sprachen mächtig sind, haben das vermeintliche Problem ganz locker gelöst: Sprechen sie Polnisch, benutzen sie die polnischen Na­men. Sprechen sie Deutsch, nehmen sie die deutschen. Unsere Nachbarn haben da aber auch einen generellen Kompetenzvor­sprung. Es sprechen viel mehr Polen Deutsch, als Deutsche Polnisch. Doch das ist ein anderes Thema.
BZ,11.06.2012, Frank Herold

Wir danken Herrn Herold für die Veröffentlichung seines Artikels .

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