Aus den Erzählungen meiner Großmutter
von Ute Tismer, Berlin
Ich hatte eine große und innige Beziehung zu meiner Großmutter – Martha Hube, geb. Klemke aus Zielenzig. Die Oma, (Foto) erzählte mir viel über ihre Heimat und die Familie. Mein, seit vielen Jahren größter Wunsch, in die Heimat meiner Großmutter zu fahren, ging endlich vor 5 Jahren (2007) in Erfüllung. Auf der Reise lernte ich eine Frau aus Dresden kennen, die mich zu einer Autofahrt nach Zielenzig einlud. Ich war so begeistert – eine wunderschöne Landschaft – für mich einfach „Gänsehaut“ pur. Wunderschöne Bücher gab mir meine Bekannte zur Ansicht „Zielenzig damals und heute“ mit.
Seit nun fünf Jahren betreibe ich Familiengeschichtsforschung. Mir wurde empfohlen zum Heimattreffen von Oststernberg nach Berlin-Tegel zu gehen. Dort kam ich mit einer Frau ins Gespräch, die den Namen von der Cousine meiner Mutter kannte. Ich bekam die Adresse. Telefonisch nahm ich Kontakt auf. Ein fast zwei Stunden langes Gespräch folgte. Ich beschrieb ein altes Familienfoto ihrer Mutter (Großmutters Schwester). Aus meinen und ihren Erzählungen erkannten wir, dass wir Cousinen zweiten Grades sind. Wir sind so glücklich und dankbar dafür, dass wir uns gefunden haben. Natürlich haben wir uns auch persönlich kennengelernt – totale Symphatie – wir haben uns ins Herz geschlossen.
Durch meine Famlienforschung habe ich erfahren, dass mein Urgroßvater (Omas Vater) August-Wilhelm Klemke aus Zielenzig, noch drei Brüder und eine Schwester hatte.
Ungefähr um 1885 sind alle nach Berlin gegangen. Die Brüder waren alle Gastronomen. Bruder Albert Klemke, geboren in Schermeisel. Bruder Richard Klemke, Geburtsort und Datum leider nicht bekannt. Bruder Wilhelm Klemke geboren in Kemnath. Schwester Marie Klemke, Geburtsort und Datum ebenfalls leider unbekannt.
Albert Klemke war bis ca. 1937 in Berlin, ging dann nach Tauerzig (Kreis Oststernberg) zurück. An der Post hatte er ein Restaurant mit Tanzsaal. Dank der Heimatzeitung konnte ich noch mit zwei Personen sprechen (damals 13-15 Jahre alt), die Albert Klemke kannten. Für mich einfach unvorstellbar!! Albert Klemke soll mit den Brüdern Schnetzke aus Tauerzig, Richtung Magdeburg-Möckern, 1945 mit dem letzten Transport gekommen sein.
Bruder Richard Klemke war Mitinhaber und Direktor von den „WILHELMSHALLEN“, wie schick dort alles war – „Bräustübel – Variété – Kaberett – Séparée“ – usw. Aus Erzählungen meiner Großmutter, die von diesem allen schwärmte.
Die wiedergefunde Cousine erzählte, dass Richard Klemke bei seiner Heirat den Namen „Klempt“ angenommen hat. Seine Frau fand den Namen Klemke nicht schön.
Bruder Wilhelm Klemke hatte sich in Berlin in der Gastronomiebranche Großes geschaffen (Siehe Zeitungsausschnitt). Ungefähr 1904 zog meine Großmutter von Zielenzig nach Berlin. Hier ging sie in Stellung (damals Stütze genant) zu Onkel Wilhelm nach Rixdorf (heute Neukölln). Am 1. Mai 1914 eröffnete Wilhelm Klemke das legendäre Restaurant BERLINER-KINDL-BRÄU am Kurfürstendamm, heute ein Biersalon. 1925 übernahm sein Sohn Wilhelm das Restaurant (Siehe Zeitungsausschnitt).
Um 1900 waren Richard und Wilhelm Klemke in Berlin vermögende Leute. Ich erinnere mich noch, als meine Großmutter im Jahr 1954 mit mir zum Ku-Damm fuhr, sie wollte ihren Cousin sprechen. Doch es war jetzt zu spät, 1947 war er verstorben.
Bis 1967 war das BERLINER-KINDL-BRÄU noch in Klemke Besitz. 2014 besteht dieses legendäre Restaurant 100 Jahre. Meine Nachforschungen sind sehr spannend für mich und ich hoffe, noch vieles erfahren zu können und werde dabei wunderbar unterstützt vom National Archiv in Gorzów (Landsberg/Warthe).
Wilhelm Klemke, Gastronom
geb. 1859
verstorben 8.1.1925 Zehlendorf
1888-1913 Inhaber des „Deutschen Wirtshauses“, Bergstr. 147, Leiter des „Berliner Kindl Ausschanks“, Hermannstr.
Ehrenmitglied des Radfahrer-Vereins „BIitz“, Neukölln.
Wilhelm Klemke, dessen Vater in Rixdorf/Neukölln der Gastwirt vom „Deutschen Wirtshaus“ in der Bergstraße (heute Karl-Marx-Str.) war, schlug nach seinem Abgang von der Schule und nach fachlicher Ausbildung selbst in die Gastwirtsbranche ein. Bekannt wurde er, als er die Kindl-Gaststätte am Kurfürstendamm, Ecke Joachimsthaler Straße übernahm und hier viele Stammkunden erwarb. In den 36er Jahren trafen sich hier hin und wieder einige seiner alten Klassenkameraden zu fröhlichem Umtrunk. Im ersten Stockwerk hatte Klemke dort noch ein Vereinszimmer, in dem damals schon Keetz Tauer seinen Kameraden eine vielbewunderte Zaubervorstellung gab. Auch Zylinder-Schmidt, Albert Maaß und Wilhelm Werner, der „Scheich“ konnten hier bei den Zusammenkünften einmal begrüßt werden.
Wilhelm Klemke starb am 25. November 1947. Die Führung des Betriebes übernahm von da ab seine Frau Else Klemke, die ihm in den Jahren zuvor hilfreich zur Seite gestanden hatte und für die vorzüglichen Speisen und das reichhaltige Buffett verantwortlich war. Das Anonyme der Weltstadt, verbunden mit dörflicher Vertraulichkeit, das war das einzigartige Geheimnis dieser Gaststätte. Das lobten auch die Fremden, die diese Gaststätte aufgesucht hatten und immer wieder gern besuchten. In Berlin hatte das Haus Klemke einen besonderen Klang.
1970
Nun ist es nicht mehr. Seit Januar ging es in andere Hände über und nach einem mehrmonatigen Umbau ist dort ein neuartiges Etablissement entstanden, das sich „Alt-Berliner-Bier-Salon“ nennt. Originell-Gemütliches steckt in vielen Ecken.
Für uns aber ging mit diesem Wechsel eine alte KFR-Erinnerungsgaststätte, die mit dem alten Namen Klemke verbunden war, verloren!
2011
STAMMTISCHRUNDE
Eine Molle auf lnge Meysel
Im Jahr 2014 feiert der „Alt Berliner Biersalon“ seinen hundertsten Geburtstag. 1914 hatte Wilhelm Klemke aus Rixdorf (Neukölln) hier seinen „Spezialausschank für Lagerbier“ gegründet. 150 Mitarbeiter, darunter allein 44 Ober, sorgten für die Gäste. Zu diesen gehörten die Schauspieler Victor de Kowa und Georg Thomalla – auch Inge Meysel bestellte hier häufiger mal eine Molle. Zentral gelegen an der Kreuzung zur Joachimstaler Straße wird insbesondere die ausgedehnte Außengastronomie in den warmen Monaten zur klassischen Touristenattraktion. Wenn man irgendwo die etwas in Vergessenheit geratene Bier-Marketing-Spezialität „Berliner Weiße mit Schuss“ trinken möchte, dann ist hier der standesgemäße Ort. Nach einigen Umbauten und Namenswechseln wie „Joe am Kudamm“ sind die heutigen Betreiber wieder zur rustikalen Variante in puncto Ambiente und Speisekarte zurückgekehrt.
Alt Berliner Biersalon, Kurfürstendamm 225, Tel.: 884 39 90