Sitzung des polnisch-deutschen Arbeitskreises Lagow am 28.9.2012
Miterlebt und als Gedächtnisnotiz aufgeschrieben von Brigitte Sommer
An der bereits im Mai 2012 verabredeten Zusammenkunft im Gemeindehaus in Lagow nahmen wieder alle Mitglieder der Arbeitsgruppe teil, weshalb der Bürgermeister die Sitzung, wie er sich ausdrückte, „ohne förmliches Zeremoniell unter alten Freunden“ eröffnete. Er stellte als neue Mitglieder der Gruppe Anna Weng, eigentlich wohnhaft in Berlin, und Grzegorz Rutkowski (jun) vor; letzterer wird ab sofort im Auftrag der Gemeinde für das Tourismusbüro und zugleich für den „Raum des Erinnerns“ zuständig sein. Er ist entweder über das Gemeindebüro oder telefonisch zwischen 8 und 15 Uhr zu erreichen unter 048-683412731; seine Anschrift lautet Grzegorz. Rutkowski, PL 66-220 Lagow, Ul Paderewskiego 5/A1, e-mail: esi083@wp.pl. – Als Gäste nahmen Pater Nowak und die Ehefrau des Bürgermeisters, Christina Oleszkiewicz, teil.
Der Bürgermeister hatte als Überraschung Muster für Hinweisschilder zum Friedhof mitgebracht; die Gruppe sollte diese beurteilen und die Standorte dafür festlegen. Die Schilder waren zweisprachig (polnisch/deutsch) abgefasst, obwohl früher schon einmal auf die drei Sprachen polnisch, deutsch und englisch für touristische Angebote hingewiesen worden war. Es wurde verabredet, ein Schild am Aufgang bzw. am Anfang des zum Friedhof führenden Fahrweges gegenüber dem Hotel Lesnik, ein zweites am Fuß des Treppenaufganges am Ufer des Tschetschsees anzubringen.
Herr Oleszkiewicz hatte bei seiner Eröffnung die letzte Ausgabe unseres Heimatbriefes in Händen und bestätigte auf Nachfrage, dass er diesen stets per Post erhalte, was uns sehr erfreute.
Daraufhin bedankte sich Herr Sommer im Namen aller Heimatfreunde noch einmal für die so gut gelungene Gedenksteinfeier und nun auch neu für die beiden von der Gemeinde am oberen Ende der Waldtreppe und direkt am Gedenkstein aufgestellten Ruhebänke.
Für den Raum des Erinnerns, dessen Themen sich inzwischen über den Bereich „Kinder“ auf die Bereiche „Familien“ und „Handwerker“ ausgeweitet hat, überreichte Herr Sommer die von ihm zusammen mit Frau Lucie Weet, geb. Arnhold, heute in Kanada lebend, erstellten Stammbäume der Familien der Gebrüder Arnhold (Schlosser- und Elektromeister in Lagow) und der Familie ihrer Großeltern, des Gastwirt-Ehepaares Heinrich (vergl. hierzu den Artikel „Hotel Deutsches Haus“ von ihr im HB 3/2011).
Angeregt durch eine Anfrage unseres Arbeitsgruppenmitgliedes Herrn Ryszard Bryl, Herausgeber einer polnischen Heimatzeitung für Lagow, übergab Herr Sommer auch einen von ihm nach Recherchen im Internet erstellten Stammbaum der Familie der Baronin Wumb von Zink, der letzten Besitzerin von Burg und Gut Lagow, und der Familie des dazu gehörigen Pächters des Gutes, Graf Pückler und Limpurg.
Daraufhin erklärte Pater Nowak, dass er Kollegen ansprechen wird, ob sie noch Kirchenbücher haben, aus deren Daten sich eventuell weitere Stammbäume von ehemaligen Lagower Bürgern erstellen ließen oder aus denen man Daten, von auf dem evangelischen Friedhof Begrabenen, entnehmen könne. Eine vorläufige, noch sehr unvollständige „Friedhofsliste“ übergaben wir an Frau Oleszkiewicz.
Anschließend gab Frau Annita Zajonzek-Müller ihre besondere Freude darüber zum Ausdruck, dass mit Herrn Rutkowski jun. als künftigen Betreuer des „Raumes des Erinnerns“ ein direkter Ansprechpartner für uns da sei; sie erwarte künftig eine noch bessere Zusammenarbeit im Arbeitskreis. Auch sie begrüßte Frau Anna Weng als neues Mitglied des Arbeitskreises. Anschließend erläuterte und übergab Frau Annita M.-Z. folgende neue Materialien für den Raum: Einen Bericht und Fotos von der Bäckerei Kathe, erhalten von Ursula Treffny-Kathe, ein Bild der Bockwindmühle von Neu-Lagow, erhalten von Werner Klopsch, dem Sohn des Mühlenbesitzers, Bilder der Werkstatt und Dokumente des Klempnermeisters Max Pfeiffer aus Neu-Lagow, erhalten von Sabine Bartling, der Enkelin von Max Pfeiffer und verschiedene Zeugnisse aus dem kulturellen Leben in Lagow aus dem Anfang des 20. Jahrhunderts, gegeben von Brunhilde Oestreich, geb. Pacholke.
Aus der Aufzählung der Materialien wurde deutlich, dass sich viele ehemalige Bewohner zu unseren Aufrufen gemeldet haben. Für unsere gemeinsame Arbeit besonders erwähnenswert ist dabei Christa Weidlich, geb. Zajonzek, eine ältere Schwester von Frau Annita, die unermüdlich durch viele Telefongespräche mit Freunden und durch ihr gutes Erinnerungsvermögen am Zustandekommen der Materialien beteiligt ist.
Außerdem überreichte Frau Annita Z.-M. an jedes polnischen Mitglied des Arbeitskreises ein Büchlein in polnischer Sprache mit einer Geschichte aus ihren Lebenserinnerungen mit dem Titel „Das Haus auf der Tiergartenhöhe“. Sie berichtet ausführlich über die Entstehung des Büchleins und bereitet bei den Beschenkten damit eine große Freude.
In den Gesprächen zwischen den einzelnen Teilnehmern der Runde wird wieder einmal deutlich, welch hohes Interesse unter den jetzigen Bewohnern an der vergangenen deutschen Geschichte des Ortes und am Leben der ehemaligen Bewohner vorhanden ist.
Nach einiger Zeit beendet der Bürgermeister das Treffen aus Termingründen. Er bedankt sich besonders bei Frau Zajonzek-Müller für die zustande gekommenen Kontakte zum Ort Spiegelberg in Baden-Württemberg; er wird in der Gruppe weiter darüber berichten. Außerdem stellt er die Frage, ob jemand Kontakte zu den ehemaligen Bewohnern bzw. Fotos zum Haus in der früheren Gartenstraße 2 hat, dem Nachbarhaus des Ehepaares von Dufving („Papachen“). Er hat hieran persönliches Interesse.
Wir geben diese Frage hiermit an unsere Leser weiter und bitten ggf. um Rückruf (bei Sommer in Berlin, Tel.: 030-361 53 04).
Ein neuer Termin für das Jahr 2013 wird nicht festgelegt; angedacht ist jedoch wieder das nächste Frühjahr. Bis dahin sollen sich die polnischen Mitglieder der Gruppe um Übersetzungen im Raum des Erinnerns kümmern; angestrebt ist, alles Material in den beiden Sprachen polnisch und deutsch darzubieten.
Die Schule in Lagow heute
Am nächsten Tag hatten wir noch vor unserer Rückreise auf Wunsch von Herrn Sommer Gelegenheit zu einem Besuch in der Lagower Schule und zu einem Gespräch mit dem Schulleiter, Herrn Darek Rutkowski. Der im Jahre 1965 begonnene Bau des Schulkomplexes mit Unterrichts- und Sportgebäuden liegt auf dem von uns einst als Schlossberg bezeichneten Gelände nordwestlich des katholischen Friedhofes – auf der Rückseite mit Blick auf den Tschetschsee und das gegenüberliegende Ufer. Alle Räume wurden im letzten Jahr renoviert, der Sportbereich ist gerade 2012 fertig geworden und wird je zur Hälfte von der Schule und von außerschulischen Aktivitäten genutzt..
Die Schule umfasst eine mehrzügige Grundschule mit den Klassenstufen 1 bis 6 und einer Mittelstufe mit den Klassenstufen 7 bis 10 (in Polen Gymnasium genannt), in beiden Stufen z. Z. etwa je 150 Schülerinnen und Schüler aus Lagow, auch mit den Ortsteilen Petersdorf, Malkendorf und Grunow; zu den außerhalb Lagows liegenden Ortsteilen gibt es Schulbusse. Ein bestehender Kindergarten als Vorschule ist nicht im gleichen Gebäudekomplex und untersteht auch nicht (mehr) direkt der Schule.
Ein Kuriosum aus der Sicht des Schulleiters ist die Schulaufsicht: Erste Aufsichtsbehörde ist der Bürgermeister in Lagow, zweite Instanz in pädagogischen Angelegenheiten sind die Schulräte in Sulecin (Zielenzig); über alle Sachmittel wie Lehrmittel, Personal usw. entscheidet die Verwaltung in Zielona Gora (Grünberg).
Die Schule in Lagow ist teilweise als Ganztagsschule organisiert, d. h. Unterricht läuft von 7.00 bis 14.15 Uhr mit anschließenden Arbeitsgemeinschaften und einem Mensabetrieb in der Mittagspause. Zum Personal der Schule gehören neben dem Schulleiter 28 Lehrkräfte und 12 weitere Beschäftigte im Sozial- und Mensabetrieb; der Einsatz von Fachkräften von außerhalb ist möglich und wird genutzt. Die Gehälter der Lehrkräfte sind in vier Stufen gegliedert: Anfänger, Kontaktlehrer, Beamte und Diplomlehrer, besondere Zusatzleistungen wie z. B. Klassenlehrertätigkeit werden mit besonderen Zulagen im Gehalt, nicht mit Stundenermäßigungen ausgeglichen.
Bemerkenswert für uns ist das Angebot im Unterricht: Alle Grundschüler in Polen beginnen bereits in der ersten Klasse mit einer Fremdsprache – in Lagow wie in allen an der deutschen Grenze liegenden Gebieten ist diese erste Fremdsprache Deutsch, in anderen Gebieten meist Englisch, in den Bezirken im Osten Polens meist Russisch. Im Gymnasium (ab Klasse 7) kommt dann eine zweite Fremdsprache, in Lagow Englisch, als Wahlfach dazu. Am Ende der 10-jährigen Schulzeit entscheidet eine Abschlussprüfung in den Naturwissenschaften, Mathematik, der Muttersprache, Geschichte und Gesellschaftskunde und in den musischen Fächern Kunst, Musik und Handwerk über die Zulassung zu den fachlich organisierten Oberstufenschulen, für die Lagower Schüler meist in Swiebodzin (Schwiebus) und Zielona Gora (Grünberg)
Nach einem Rundgang durch das Gebäude und das Außengelände bedankten wir uns ganz herzlich bei Herrn Rutkowski für die interessanten Gespräche und Einblicke.
Wir möchten uns bei allen ganz herzlich bedanken, die uns durch ihre Anrufe und Einsendungen bei der Beschaffung des Materials unterstützt haben und bitten um weitere Anregungen durch Telefongespräche und Post. Kontaktpersonen wie bisher die Zajonzek-Schwestern Christa (in Potsdam, Tel.: 0331 280 4191) und Annita (in Ostfildern, Tel.: 0711 349 588) und das Ehepaar Sommer (in Berlin, Tel. 030 361 5304).
Dies gilt besonders für die Ergänzung der „Friedhofsliste“ und die Sammlung von Familien-Daten zur Erstellung von Stammbäumen, die auch ohne Übersetzung gut für unsere Ausstellung geeignet sind.
Anfang November 2012 wurde an Herr Sommer nachstehende E-Mail gesendet:
Guten Morgen
mein Vater und ich habe an Allerheiligen (01.11.2012) Blumen und Kerzen am Denkmal auf dem Friedhof hinterlegt.
Herzliche Grüße Gregory und Dariusz Rutkowscy
Herr Sommer teilt mit, dass Vater Rutkowsky der Schulleiter in Lagow ist aber auch Ansprechpartner für die Zusammenarbeit mit dem Heimatkreis.