Oststernberger Heimatbrief
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3. Februar – Tag der Befreiung?

Aus Heimatbrief-Ausgabe 1/2012, Seite 31, vom 20.04.2012 Rudolf Egbert Nultsch

Von Rudolf Egbert Nultsch

In den letzten Januartagen bzw. Anfang Februar 1945 erreichte die Rote Armee Ostbrandenburg und damit den Kreis Oststernberg. Das liegt jetzt 67 Jahre zurück, ist aber denen, die diese Schreckenszeit miterlebten, noch in ungetrübter Erinnerung!
Mein Heimatort Sonnenburg wurde am 2. Februar 1945 fast kampflos von den Sowjettruppen besetzt. Bei der Einnahme der Kleinstadt stießen sie hinter den Mauern der am östlichen Stadtrand gelegenen Strafanstalt auf die Leichen von 819 Gefangenen, die auf Grund des „Nacht- und Nebelbefehls“ Hitlers hier inhaftiert waren. Ein Erschießungskommando der SS aus Frankfurt/Oder hatte in der Nacht vom 30. zum 31.1.1945 diese furchtbare Mordtat begangen.
Es muss nicht weiter ausgeführt werden, wie die Zivilbevölkerung in der Folgezeit unter den Rachegelüsten der Sieger zu leiden hatte. Der Befehl von Marschall Shukow vom Januar 1945 erfuhr eine fatale Steigerung. Darin hieß es: „Sowjetsoldat, räche dich! Verhalte dich so, dass der Einbruch unserer Armeen nicht nur den heutigen Deutschen, sondern auch ihren Enkeln in Erinnerung bleibt. … Sowjetsoldat, habe kein Mitleid im Herzen!“
Viele Sonnenburger und Sonnenburgerinnen wurden erschossen, erschlagen, vergewaltigt, verschleppt oder nahmen sich das Leben. Zahlreiche Häuser gingen als Siegesfanal in Flammen auf; darunter auch das Zuchthaus. (Letzteres durchaus verständlicherweise!)
Nach der Vertreibung der deutschen Bevölkerung Ende Juni 1945 wurde Sonnenburg polnisch und heißt heute Slonsk. Die Gemeinde Slonsk beging, wie auf einer Einladung in deutscher Sprache zu lesen war, am 3. Februar 2012 den
„67. Jahrestag der Befreiung von Slonsk und der Ermordung von 819 Häftlingen des KZ Sonnenburg“.
Es ist mehr als bemerkenswert, wenn man sich seitens der Gemeinde Slonsk, intensiver als zuvor, mit der Geschichte des Ortes und seiner ehemaligen Bewohner beschäftigt. Doch sollten hierbei historische Fakten nicht außer Acht gelassen werden. Gegebenenfalls wären unbekannte Einzelheiten der jüngeren Vergangenheit bei noch lebenden deutschen Zeitzeugen zu erfragen.
Eine Geschichtsklitterung, wie zur kommunistischen Zeit üblich, dürfte heutzutage überholt sein!
Deshalb ist Folgendes anzumerken:
Das Zuchthaus Sonnenburg war nur ein Jahr, nämlich von 1933 bis 1934, durch die Nationalsozialisten zum KZ erklärt worden. (Dieses Faktum ist nur eine Richtigstellung und dient keinesfalls der Rechtfertigung der Exekution der damals Inhaftierten!)
Sonnenburg war am 2. Februar 1945, dem Tag des Einmarsches der Roten Armee, Teil des deutschen Reichsgebietes. In den sowjetischen Militärkarten dieser Zeit wird der Name Sonnenburg, ebenso wie alle anderen deutschen Ortsbezeichnungen, mit kyrillischen Buchstaben entsprechend wiedergegeben.
Der Name „Slonsk“ wäre also frühestens erst nach der Konferenz der Siegermächte des Zweiten Weltkrieges in Potsdam im August 1945 legitim, als die deutschen Ostgebiete bis zur Oder-Neiße-Linie unter polnische bzw. sowjetische Verwaltung gestellt wurden. Somit kann der 3. Februar 1945 nicht der Tag der Befreiung von Slonsk sein, denn das gab es zu diesem Zeitpunkt noch nicht!

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