Erinnerungen an Kemnath/Kownaty
Im Oststernberger Heimatbrief 3/2009 ist der Artikel über Kemnath II nach alten Urkunden erschienen, den meine Cousine Dr. Erika Schachinger mit viel Mühe für die Nachkommen verständlich zusammengestellt hat.
Für uns ist das Jahr 2010 nun noch ein besonderes Gedenkjahr. Am 20. April wäre die neue Kemnather Kirche 100 Jahre alt.
Wie in einem Brief vom 22.8.1877 an die damalige Patronin der Kirche zu lesen ist, bewarb sich ein P. Wolff aus Drebkau „um die geneigte Gewährung einer Gastpredigt“. Wir wissen nicht, ob er die Pfarrstelle in Sternberg und den dazu gehörigen Dörfern Wallwitz, Grabow und Kemnath bekommen hat.
Als Auguste Sentius Ende des 19. Jahrhunderts Kemnath II verkaufte, ging auch das Patronatsrecht an die neuen Besitzer Robert und Franziska Rittwagen über. Nach dem Tode seines Vaters 1902 übernahm Friedrich Rittwagen den Betrieb.
Anfang des 20. Jahrhunderts muß die Kirche, die direkt neben dem Gutshof in dem kleinen Kirchhof stand, ziemlich baufällig gewesen sein. So wurde ein Neubau beschlossen. Die Familie Rittwagen und die drei Töchter Senstius, Antonie Schallen, Emma Müncheberg und Charlotte Michel unterstützten das Vorhaben. Der Berliner Architekt Paul Michel, Enkelsohn von Charlotte und Vetter von Frieda Rittwagen, entwarf den Bauplan und kam oft zur Beaufsichtigung des Neubaus nach Kemnath.
Am 20. April 1910 fand die Einweihung der neuen Kirche statt. Von diesen Feierlichkeiten ist im „Amtlichen Publikation-Organ des Magistrats und der Stadt“ Nr. 48 vom 23. April 1910 zu lesen. Im Oststernberger Heimatbrief 2/2008 wurde schon darüber berichtet.
In diesem Jahr hätten die Kemnather den 100sten Geburtstag ihrer Kirche feiern können. Jetzt steht auf dem ehemaligen Kirchplatz nur noch eine verkrüppelte Linde, wie mir Wolfgang Lehmann erzählte, waren später die großen Jungen dabei, als vier Lindenbäume gepflanzt wurden. Gibt es noch Kemnather, die sich daran erinnern? Durch Erzählungen meiner Großmutter und Erinnerungen an meine Kindheit, seit 1939‚ bin ich mit der Kirche, in der ich 1931 getauft wurde, verbunden. Der Pfarrer kam aus Sternberg und zog sich im großelterlichen Haus um. Mein Großvater verteilte die Groschen für die Kollekte. In der Kirche mußte ich neben Opi sitzen und still sein. Nach einer Zeit zog er die Taschenuhr heraus und legte sie vor sich hin. Das war das Zeichen: die Predigt ist lag genug, habe ich gedacht. Ich habe die großen Jungen beneidet, die läuten durften und den Blasebalg für die kleine Orgel (es war wohl ein Harmonium) treten durften. Auf dem Platz spielten wir unter den 4 Linden „Bäumchen wechsle dich“. Nun stehen dort die roten Briefkästen für die Dorfbewohner, die in Torzym ,Sternberg‘ zur Kirche gehen müssen. Einmal im Jahr kommt der ev. Pfarrer aus Landsberg zur Familie Kienitz, die in dem Haus von Stehrs wohnt und sehr an der Kemnather Geschichte interessiert ist. Der Kemnather Friedhof ist total verwildert, die Einwohner von Kownaty werden auf dem neuen Friedhof an der ehemaligen Zielenziger Straße beerdigt.
Weihnachten 1943 wurden noch in Kemnath Volkhard und Dietlind, die Enkelkinder von Paul Michel und Urenkel von Charlotte geb. Senstius, getauft. Ihr Vater brachte seinen Freund, Dipl.-Ing. Stößinger, der wie die Kemnather zur Bekennenden Kirche gehörte und als Hilfsprediger in Berlin tätig war, aus Berlin mit. Er hielt den Gottesdienst und taufte die Zwillinge, denn unser Pfarrer Max Rahmel mußte in Rußland Soldat sein.
Mein Großvater Fritz Rittwagen erklärte mir oft: „Was du ererbt von deinen Vätern hast, erwirb es um es zu besitzen“. Das bedeutet, arbeite dafür! So haben unsere Vorfahren gelebt und gearbeitet – bis 1945.
Wir können nun das Andenken erhalten und ehren und den heute in Kemnath lebenden Menschen Frieden wünschen.
Friedel Remenvi