Ansprache zur Trauerfeier für Elfriede Dora Jaeger
am 25. Januar 2012, Gemeindehaus Wilhelmshagen, Berlin,
von Oberkirchenrat Pfarrer Rudolf Schulze
Frau Thea Jaeger sandte dem Heimatkreis nachstehende Trauerrede zur Veröffentlichung:
Prediger 3,22
„So sah ich denn, dass nichts besseres ist, als dass ein Mensch fröhlich sei in seiner Arbeit; denn das ist sein Teil. Denn wer will ihn dahinbringen, dass er sehe, was nach ihm geschehen wird.“
Liebe Schwägerin, liebe Nichten, liebe Familie Jaeger,
liebe Trauergemeinde!
Gibt es ein schöneres Wort, als das, was ich eben gelesen habe, aus dem Buch des Predigers, um Abschied zu nehmen vom Leben eurer Schwägerin und Tante? Um über ihr Leben nachzudenken und auf sie zurückzuschauen, um sie zu beschreiben? Sie war fröhlich in ihrer Arbeit, das war sie – das war ihr gegeben, das war ihr starker Charakter, der machmal auch temperamentvoll daherkommen konnte. Sie war ein Berliner Kind. Sie konnte schnell die Dinge auf einen Punkt bringen, das war ihr gegeben, ein Wort, das „saß“. Tante Dörtchen, das glaube ich sagen zu können, war ein Original, ein einmaliger Mensch. Natürlich sind wir alle einmalig – aber manchmal nennen wir jemand betont so; dann nämlich, wenn einer, eine besonders und anders war, bei der Arbeit, im Miteinander und Nebeneinander, im Umgang.
Blicken wir zurück auf ihren Lebenslauf. Dora Jaeger wurde 12. Februar 1911 in Sonnenburg im Kreise Sternberg, jenseits der Oder, geboren. Kriegsjahre folgten. 1919 starb die Schwester Charlotte, 1925 der Vater. Dora wurde in Neuambach bei Diesen eingeschult, später kam sie auf eine größere Schule, eine Mittelschule nach Landsberg. In Fürstenwalde besuchte sie eine Aufbauschule, dann das Lehrerseminar in Stettin. 1935 verstarb der Schwager Ernst Kleemann nach Aufregungen mit den Nazis. Als Tante Dora in ihrer ersten Lehrtätigkeit dies einmal wieder ansprach, wurde sie nach Großräschen strafversetzt. Nach dem Kriegsende lag sie zwei Monate im Senftenberger Krankenhaus. 1950-1952 pflegte sie von Berlin-Schöneberg aus, wo sie zu ihrer Schwester gegangen war, ihre Mutter in Werneuchen mit viel Mühen auf dem weiten Weg damals. In Berlin bekam sie eine Anstellung als Lehrerin. Ihr Unterricht war oft fröhlich. Bei den Kollegen hatte sie einen Spitznamen, also war sie beliebt, vielleicht auch gefürchtet. Mit 60 Jahren ging sie in den Ruhestand.
Nach ihrem 100. Geburtstag richtete sie einen Brief an ihre Gratulanten. Sie schrieb u.a.:
„Herzlichen Dank allen, die mich in so herzlichen Gratulationen zu meinem 100. Geburtstag ehrten, überraschten und erfreuten. Ja, es gab viele Überraschungen, und ich habe sie gut verkraftet. Wo ich nun leider das Bett nicht mehr verlassen kann und mein Zustand instabil ist, konnte kein ,großes Fest‘ geplant werden. Doch mit Hilfe aller, die mich jetzt versorgen, kam ganz spontan eine fröhliche Runde zusammen.
Nun genieße ich die vielen Blumen, die mein Zimmer zieren, und nasche ab und zu von den Geschenken und hoffe auf schmerzfreie Tage, Nächte und Stunden.
Doch als plötzlich acht Herren im Zimmer standen, war ich sprachlos, und dazu noch das Fotoshooting für die Heimatzeitung und eine Ehrenurkunde als 100-jährige Sonnenburgerin – da war ich sehr bewegt…“
Beide Schwägerinnen haben zusammen noch gebetet und Erinnerungen wachgerufen, besonders von der Kindheit, die sich auch in Tantes Träumen widerspiegelte. Da schloss sich der Kreis des Lebens, Jugend und Alter kamen zusammen in Gedanken.
Das Bibelwort des Predigers hat eine zweite Hälfte. Sie lautet – frei wiedergegeben – etwa so: Über die Zukunft kann man nichts wissen. Also: lebt die Gegenwart aus! Das ist Altes Testament. Da muss ich widersprechen. Das Neue Testament sagt uns, wohin wir gehen. Der Lebenskreis wird zu einer Geraden, geradeaus in das ewige Leben bei Gott, dessen Sohn uns den Weg dahin frei gemacht hat, Jesus Christus. Dahin geht auch der Weg unserer Verstorbenen, Gott nimmt sie in das ewige Leben auf.
Amen.